Na toll, schaut euch das mal an
NOX
Ich rannte, hinter mir waren die Schritte der Polizisten deutlich zu hören. Lautlos bog ich in eine Nebengasse und verschwand im nächsten Schatten einiger Müllcontainer.
Sie liefen an mir vorbei, sie würden es auch nie lernen. Ich seufzte leise, an meinem Messer klebte noch das Blut. Ich betrachtete die dunkelrote Flüssigkeit sie schon am eintrocknen war. Der wievielte war es? Ich zählte sie nicht mehr. Es war zu meinem Beruf geworden.
Der Auftrag kam von Keneth. Wie die meisten anderen auch. Mal ging es um Politiker, mal um Geld.
Ich wischte das Messer an meinem Mantel ab und steckte es wieder ein. Unsichtbar für alle anderen.
Es war kalt, der Schnee viel in dichten Flocken. Es war Heilig Abend, alle feierten. Frieden und Neugeburt. Ich lachte leise in mich hinein. es war perfekt, niemand war unterwegs und die Polizei merkte erst dann etwas wenn es schon zu spät war. Das Einkommen an Feiertagen war immer das grösste, heute alleine zwei Raubüberfälle und ein Mord. Erst beim letzteren wurden die wenigen verpennten Polizisten aufmerksam.
Weihnachten. Ich biss die Zähne zusammen. Vor einem Jahr war es passiert. Vor genau einem Jahr. Es war mir noch vor Augen, als wäre es heute. Ich konnte ihren Mörder immer noch nicht ausfindig machen. Verflucht sollte er sein. Er nahm mir das einzige was ich hatte, den einzigen Zweck zu leben. Feather... nur schon ihr Name tat weh.
Es war eine Nacht wie heute gewesen. Wir beide, spät abends heimgekehrt, waren bis spät in der Nacht am Feiern gewesen. Sie war halb betrunken und wollte ihre Jacke hohlen, die sie vergessen hatte. Ich blieb draussen, redete mit einem Kumpel.
Da hörte ich den Schrei, nie würde ich diesen Moment je vergessen können. Ich kehrte natürlich sofort um, da lag sie, das Messer in der Brust. Ich ballte die Faust bei der Erinnerung. Am liebsten würde ich quer durch die Stadt brüllen, Feathers Mörder den Hals umdrehen und die Verrätern, die ihm geholfen haben selbst zur Hinrichtung führen.
Ich hab mich damals natürlich nach dem Täter umgeschaut, stattdessen haben meine vermeintlichen Freunde mich verraten. Kaum das ich drinnen war, stand die Polizei in der Tür. Ich erinnerte mich noch genau an das Lachen meines besten Freundes. Meines ehemalig besten Freundes. Kaum war ich wieder draussen hat er den Schuss von hinten gekriegt.
Ich war damals nur einiger Diebstähle schuldig, nach einigen Wochen liessen sie mich wieder laufen. Doch seid dem war ich nicht nur der Feind der Polizei.
Ich klopfte an eine unscheinbare Haustür, eine dumpfe stimme zischte: "Wer da? wenn euch euer Leben lieb ist, spricht!"
Ich öffnete mit einem Ruck die Tür und Jake hatte mein Messer an der Kehle "Seit wann begrüsst man Gäste mit einer Todesdrohung?"
Ihm lief sichtlich der Schweiss übers Gesicht, ich schloss die Tür mit einem Stoss, ohne Jake das Messer vom Hals zu nehmen.
"Nox... ich... ich wusste nicht, dass ihr es seid, Herr" Er duckte sich, dass er noch kleiner wurde als er ohnehin schon war und wich meiner Klinge aus, ich liess ihn laufen.
"Man kann nie vorsichtig genug sein"
"Schon gut, wo ist Keneth?"
Der Kleine schaute mich so unterwürfig an, dass ich ihn am liebsten in den Magen gekickt hätte "Er ist oben, Herr, er hat gesagt, er wolle keinen Besuch"
Ich blickte ihn finster an, er verschwand noch mehr in sich selbst. "Sag ihm, Nox sei hier, wenn er mich nicht spricht, dann hat er seiner Leute weniger"
Jake verstand die Drohung sofort, kluges Bürschchen. Er verschwand die Treppe hoch, ich lehnte mich gegen die Wand. Dieses Diebesgesindel war nicht auszuhalten. Diebesgesindel... und was war dann ich selbst? Wie konnte ich überhaupt so weit sinken, meine Mutter war einmal hoch angesehen. Und wieder erscheint nur ein einziger Name... Feather...
"Herr, ihr sollt mitkommen" Jake stand wieder in der Treppe, wieder dieser schleimerische, unterwürfige Blick im Gesicht. Ich stieg ihm seufzend hinterher.
Scarlet
Ich drehte mich um. Die Polizei war fort. Glück gehabt! Beinahe hätten sie ihn erwischt. Seit knapp einem Jahr verfolgte ich ihn nun schon. Ich hatte mir geschworen ihn so lange zu beschatten, bis ich wüsste, was er vorhat. Aber bis jetzt hatte er nur Leute eliminiert. Er war eben ein Auftragskiller, so wie ich eine war. Nur die Tatsache, dass er zu Keneth ging, überraschte mich. Bei Anderen verdiente man viel mehr! Aber seit letztem Jahr machte er nur noch Aufträge für ihn.
Mein Handy klingelte und ich hob ab: "Ja?"
"Ich hab was gefunden.", tönte es aus dem Lautsprecher.
"Wo?"
"Am alten Steinbruch. Aber da sind Bullen. Die stören." Eine weitere Aufforderung brauchte ich nicht. Ich liess Nox Nox sein und verschwand in den Gassen. Das Telefonat beendete ich ohne ein weiteres Wort.
Kaum fünf Minuten später war ich am Stadtrand angekommen und lief über die Strasse in den Wald. Von dort war es zum Steinbruch nicht mehr weit. Ich sah die Lichter schon, bevor ich da war. Wie viele standen dort?
Zwei... Okay, das war einfach. Ich zog mein Messer aus der Tasche und suchte einen guten Punkt. Dort von der Klippe. Als ich oben sass, nahm ich beide Messer aus der Tasche, nahm eines in die Hand und legte das andere vor mich. Jetzt kam alles auf das Timing an. Ich wartete, nur ja nichts überstürzen... Jetzt! Ich warf mit einer Treffsicherheit, die ich mir in den vergangenen Jahren schwer erarbeitet habe. Binnen wenigen Sekunden lagen beide tot am Boden.
Ich sprang von der Klippe nach unten und rollte mich ab. Ich sah mir die Beiden genauer an, auch nach all der Zeit breitete sich ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend aus. Schnell steifte ich Handschuhe über und durchsuchte sie.
Ich mich um und wartete darauf, dass Hock erschien. Er würde sich um die Leichen kümmern.
Da, da bewegte sich etwas. Ich wich zurück. Langsam und vorsichtig.
Nox
Keneth. Kurz nach Feathers Tod hatte ich Bekanntschaft mit ihm gemacht. Ich wusste es noch genau, als wäre es heute gewesen. Ich sass in meiner Zelle, als er kam, lief einfach so durch die Gänge, als ob es für einen Schwerverbrecher das normalste der Welt sei. Keine Ahnung als wen er sich ausgegeben hat.
Er sah immer noch gleich aus wie bei unserer ersten Begegnung, das spärliche, graue Haar, die kleine Statur und der Anzug, der ihn aussehen liess, als wäre er irgend ein Bankchef.
Ich mochte ihn nicht sonderlich, aber ich arbeite für ihn seit er mich raus geholt hatte, nicht wegen dem Geld, das konnte ich mir auch anderweitig beschaffen, nein, ich war immer noch auf der Suche nach Feathers Mörder. Meine Freunde, die mich damals verraten hatten, gehörten alle zu Fiens, Keneths grösstem Widersacher.
"So, zurück von der Arbeit?" Er zog eine Augenbraue hoch, dieses ewige Lächeln auf den Lippen, dass durch nichts wegzuwischen war. Ich hatte gelernt mit ihm umzugehen. Mit ihm und mit seinem Lächeln.
"Ja, bin ich, Sir" ich betonte das letzte Wort mit grosser Abscheu, meine Hand lag am Messer.
Keneth nahm die Herausforderung an, er grinste weiter und tat als hätte er nichts bemerkt.
"Du suchst Arbeit, nicht wahr? Etwas womit du dich ablenken kannst, stimmt's?" ich sah ihn an, ohne eine Rührung. Unter dem Tisch spielte meine rechte Hand mit dem Messer.
"Vor genau einem Jahr ist es passiert. Ich weiss, dass du weisst was ich meine. Nun, ich hab tatsächlich Arbeit für dich, sie wird dir Spass machen..." er legte die Hände auf den Tisch und beugte sich nach vorne, jetzt war er in Schlagweite... "Aber nimm erst dieses verdammte Messer weg, oder traust du mir etwa nicht? Nox..." Diese Honigsüsse Stimme...
"Man kann nie vorsichtig genug sein" Ich legte meine Rechte auf den Tisch, die Klinge wie zufällig auf Keneth gerichtet "Um was geht es diesmal?"
"Fiens... Er hat ein neues Spielzeug. Die Kleine droht mir einen Strich durch die Rechnung zu machen! Du weisst, dass wir die Bullen auf den Fersen haben" Wir ist gut, der brauchte sich nicht vor der Polizei zu fürchten, er trieb gemeinsame Sache mit denen. Aber sein Vertrauen aufs Spiel zu setzen... Zu früh und zu riskant... ein, zwei Monate vielleicht noch...
"Hier, ich will sie in drei Tagen tot sehen, verstanden?!" Keneth schon ein Foto über den Tisch "Jahrbuch ihrer Schule, vor vier Jahren, danach ist sie nicht mehr öffentlich aufgetaucht, seit knapp einem Monat ist sie bei Fiens"
Sie hatte blonde Haare, blaue Augen... ein scheinheiliges Lächeln aufgesetzt. Jetzt noch ein paar Jahre dazu... Genau Fiens Typ. Die Kleine kam mir irgendwie bekannt vor...
Ich steckte das Foto ein und nickte Keneth zu "In drei Tagen ist sie aus dem Weg"
Die Tür fiel hinter mir ins Schloss.
Scarlet
Hock tauchte aus dem Dunkel der Blätter auf. Ich atmete auf. Die Angst vor dem Mann war ich noch heute nicht los. Dabei war das schon vier Jahre her! Ich nickte Hock kurz zu, lief dann etwas zu rasch Richtung Eingang des Steinbruchs.
Es dauerte eine Weile bis sich meine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Und selbst wenn ich nichts gesehen hätte, hätte meine Erinnerung mich geführt. In diesem Loch hatte ich eine Zeitlang gehaust. Bevor er es zu einem seiner Schlupfwinkel gemacht hatte! Zwei Jahre hatte ich mich vor ihm versteckt. Tja, bis vor einem Monat...
Ich betrat die Grotte, die am Ende des Tunnels lag und blieb stehen. Die Höhle war ein wenig heller als der Tunnel und hatte noch zwei Seitenausgänge.
Plötzlich lag eine schwere Hand auf meiner Schulter. Erschrocken drehte ich mich um. Ich konnte knapp Fiens' Gesicht ausmachen. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, aber er wusste, dass ich mich erschreckt hatte.
"Na, auch schon hier?"
Ich nickte finster.
"Schau dir das mal an!" Er lief vorneweg, seine Schritte hallten in den Gängen wieder. Er konnte nicht geräuschlos laufen, was meist von Vorteil war.
Er blickte mich an und leuchtete mit einer Taschenlampe in einen Winkel.
Ich trat näher heran. In der Ecke lag etwas blutiges. Es sah... eklig aus. Aber ich verkniff mir einen Kommentar. Wieso konnte ich Leute töten, aber mir keine Leichen ansehen? Das war fast ein Widerspruch.
"Wer ist das?"
"Unwichtig" Ich seufzte und nickte. Dann sagte er es mir eben nicht. "Schau dir mal das da an" Er zeigte an das eine Ende der Toten. Da lag eine Tasche. Sie kam mir seltsam bekannt vor... der Name schlich sich mir ein, als hätte eine unbekannte Person diesen Namen gesagt. Feather.
Ich verlor fast das Gleichgewicht. Dann kam die Erinnerung. Feather. Dieses Mädchen. Dieses wunderbare, wundervolle Mädchen. Sie hatte mich verstanden. Sie konnte jeden trösten und glücklich machen. Wenn sie sagte „Vergiss es einfach“ dann war es als wären alle Sorgen weggeblasen. Niemand wusste, wie traurig sie selbst war, wie zerbrechlich in ihrem Inneren. Mir hatte sie es erzählt. Sie war immer bei mir gewesen.
Bis, ja bis sie Nox kennengelernt hatte. Er hatte sie einfach mitgenommen. Und sie liess sich von ihm verzaubern. Sie hatte mich vergessen. Alleine gelassen. Ich hatte mich an die beiden geheftet. Bis zum letzten Jahr. Seitdem verfolgte ich nur noch Nox. Feather war tot. Ich würde ihr helles Lachen nie mehr hören. Nie mehr ihre tröstende Stimme. In diesem Moment wurde es mir klarer als je zuvor.
Ich zuckte zusammen, weil ich mit dem Kopf gegen die Wand knallte. Sofort war ich wieder wach. Mein Kopf schmerzte. Fiens war fort. Alle waren weg. Nur Leiche lag noch da. Langsam drehte ich mich um.
Nox
Ich nahm mir gleich den nächsten Tag vor. Ich schlenderte durch die Strassen. Bei einem Zeitungsstand musste ich lächeln "Dreifacher Mord an Heiligabend, gibt es noch weitere Opfer?" Die Kerle gaben auch wirklich gut darauf acht, dass auch ja alles veröffentlicht wurde.
Die Stimmung um mich war fröhlich und damit auch schnell für Kleingeld gesorgt. Es gab Leute, die mit jedem Hunderter zu Keneth gingen. Kindsköpfe. Ich arbeitete zwar für Keneth, aber wenn er wüsste ein wie grosser Teil wirklich zu ihm kam, dann würde ich ihm nicht mehr nahe kommen können, ausser ich wollte binnen weniger als einer Stunde zurück ins Gefängnis.
An einem Take-Away Stand kaufte ich mir mein Frühstück. Ich zündete mir eine Zigarette an und sah mich um. Ich war nicht der einzige der unterwegs war. Vertraute Gesichter überall.
Ich schlug meinen Kragen hoch und machte mich auf den Weg. Ich musste herausfinden wo sie heute Abend steckte, ihr möglichst alleine auflauern und sie würde den nächsten Tag nicht mehr erleben. Alles längst Routine.
Aber sie gehörte zu Fiens... Doch egal, solange er persönlich nicht da war konnte mir der egal sein. Mir gefiel es ihn ein bisschen wütend zu machen, nicht nur Keneth stand im offenen Krieg mit ihm. Fiens hatte garantiert schon längst wen auf mich abgesetzt. Mit dem Risiko lebte jemand wie ich.
Sie würden mich aus zweierlei Gründen sowieso nicht erschiessen, einerseits machten sich viele keinen Hehl aus der Feindschaft und arbeiteten für beide. Ich hatte das nicht nötig, ich brauchte im Grund genommen für niemanden zu arbeiten, für meinen Lebensunterhalt sorgte ich ganz gut alleine.
Andererseits wusste ich zu viel um mich einfach so abzumurksen, wenn dann würden sie mich gefangen nehmen, vergeblich versuchen auszufragen und dann, wenn sie es aufgegeben haben, der Polizei ausliefern, wenn bis da Keneth nicht einen so grossen Aufstand veranstaltet hätte mich wieder rauszuholen.
Ich lächelte in mich hinein. Keneth mochte mich genauso sehr wie ich ihn, wir beide würden nicht mit der Wimper zucken, wenn es um das Leben des anderen ginge. Nein, Keneth war ein alter Schleimer und Angsthase. Er hatte Angst, dass ich ihm das Geschäft streitig machen würde. Darum kann er es sich nicht leisten offen gegen mich vorzugehen, also nahm er mich kurzerhand in meine Dienste. Der feine Herr brauchte sich nicht zu fürchten. Leute wie ich arbeiteten selten in Gesellschaft.
Die Gegend um mich herum wurde immer düsterer, dreckiger, unwirtlicher und vertrauter. Ich kannte hier jeden Winkel. Meine Pistole lag geladen und griffbereit in meiner Manteltasche.
In der Spelunke, die ich anstrebte brannte auch bei Tag Licht. Wenn man Informationen brauchte, dann musste man sich nur hinsetzten, die richtigen Leute fragen, ein bisschen Geld und Geduld haben und schon frassen sie einem aus der Hand.
Na, dann wollen wir wieder mal den geheimnisvollen Fremden spielen, der viel Kohle hat, aber nichts über sich selbst preis gibt.
Scarlet
Hinter mir war niemand. Aber war da nicht ein Schatten? Waren da... Geräusche! Ich zog mich zurück, lautlos schlich in die Nische, in der auch die Leiche lag. Der Gestank waberte um mich.
Wer war da? Ich ging noch einen Schritt zurück und stand somit in dem blutgetränkten Klamotten der Leiche. Mir wurde übel. Ich biss die Zähne zusammen. Nur nicht übergeben...!
Dann sah ich sie. Moment mal. Sie? Es gab kaum noch Mädchen hier und so wie sie aussah, war sie wohl kaum gefährlich. Aber ich blieb vorsichtig. Nichts überstürzen! Noch ein Schritt zurück und ich stand an der Wand. Auf der Toten.
Das Mädchen sah sich um und legte sich dann in eine andere Nische. Sie hatte mich nicht entdeckt. Was hatte sie hier zu suchen? Das sie auch zu Fiens gehörte war unwahrscheinlich... wusste er, dass sie hier war?
Ich schlich mich näher heran. Sie war nicht älter als zwölf... viel zu jung um sich an einem solchen Ort herumzutreiben. Doch war ich mit vierzehn wirklich so viel älter?
Vorsichtig machte ich einen weiteren Schritt auf sie zu. Sie bewegte sich und schaute mich an. Ihr Gesicht zeigte kaum eine Regung.
"Mama?"
Ich zuckte zurück. Sah ich so alt aus? Ich wusste von der Narbe an meiner Wange, aber ich war... Ein fahler Lichtschein fiel auf ihr blasses Gesicht. Ich unterdrückte einen leisen Aufschrei. Feather? Nein, dass konnte nicht sein. Feather war älter... ausserdem war sie tot, sonst hätte sich Nox nie dermassen verändert und der tat so etwas nur, wenn er sich todsicher war.
Ich blickte sie an. Was sollte ich tun? Sie töten, nein dazu hatte ich keinen Grund. Sie mitnehmen? Das würde sie mit ziemlicher Sicherheit auch nicht überleben. Ich musste hier verschwinden und zwar schnell... Ich sah sie an.
"Du... ich bringe dir etwas zu essen! Warte hier." Das Mädchen nickte, ich drehte mich um und verschwand. Vollkommen aufgewühlt.
Nox
Ich schaute mir einer nach dem anderen an. Ein paar handelten lauthals um einige Wertgenstände, andere spielten stockbesoffen um ihr Einkommen. Nichts aussergewöhnliches, auch nicht nach was ich gesucht hatte. Einige die in der Ecke sassen waren schon interessanter...
Doch nach einigem hinhören stellte sich heraus, dass die zu Collins gehören, also auch nicht besonders wertvoll.
Collins betrieb ein Kleinwarenladen, doch sein wahres Einkommen machte er mit Waffen, die er an Leute wie mich verkaufte.
Zwei Mädchen, noch nicht mal über zwanzig, sassen an einem Tisch, gackerten wie Hühner und liessen per Zufall mal den provokativ kurzen Rock ein bisschen höher rutschen, ganz zum Vergnügen dreier Herren am Tisch nebenan. Auch sie wirkten nicht besonders nutzvoll, irgendwelche Gassenarbeiter wahrscheinlich, die durch Taschendiebstähle ihr erbärmliches Brot aufbesserten.
Ich verabscheute solche Leute, wie die meisten die sich mit preiswerteren Dingen abgaben. Was brachten Taschendiebe schon? Sie trugen kaum was zum Geschäft bei, nervten die Touristen und werden schneller geschnappt als sie zu was gekommen sind. Wenn das Gefängnis ein Luxushotel ist im Gegensatz zu seinem Zuhause, brauchte man gar nicht erst unter die Verbrecher zu gehen.
Ich entdeckte noch zwei drei, die ebenfalls für Keneth arbeiteten, sie nickten mir zu, doch meine Aufmerksamkeit galt nicht ihnen sondern dem Tisch daneben. Drei Männer sassen daran.
Ich winkte die Kellnerin zu mir herüber.
"Was woll'n sie?"
Ich winkte ab "Nichts zu trinken, nur eine Auskunft", ich nickte zu den Männern hinüber. "Wer sind die?"
Keine Antwort. War zu erwarten gewesen.
Ich schob einen Hunderter zu ihr hinüber, hielt ihn jedoch fest, als sie ihn nehmen wollte "Also, wer sind sie?"
"Sie kommen von Fiens" Als ich das nicht selber wüsste! Meine Hand blieb auf der Geldnote liegen. Sie seufzte. "Raymond, Billy und Clith. Billy ist auf der Suche nach Nox, wahrscheinlich n' Auftrag"
Ich liess ihr das Geld, mehr brauchte ich nicht zu erfahren. Wie dumm Leute sein konnten. Billy lief Raymond nach wie ein Hund und Clith trieb sein liebes Spiel mit den edlen Herren, mindestens von dreien nahm er Aufträge an, es war nur eine Frage der Zeit bis ihm das zum Verhängnis wurde.
Ich hielt die Kleine noch einen Augenblick fest "Schick Clith zu mir herüber"
Scarlet
Ich lief Richtung Stadt. Was tat ich da? Es war vollkommen verantwortungslos. Und gefährlich. Ich lief weiter, bis ich zu den Schaufensterläden kam. Alles war dunkel, nur in den Kneipen und Schänken flackerte noch Licht.
Dort vorne, dort war das Haus. Ich schlich mich näher heran, dann klopfte ich, vorsichtig. Als die ahnungslose Frau die Tür öffnete, und herausschaute, schlüpfte ich hinter ihr ins Haus. Schnell die Treppe hinauf und in die Küche. Ein grosser Truthahn lag auf dem Tisch. Er sah verlockend aus. Doch stattdessen griff ich nach dem Brot und liess auch noch einen Schinken mitgehen. Das sollte reichen.
Ich drehte mich um und wollte gerade verschwinden, als die Frau in der Tür auftauchte. Ich sprang zur Seite, hinter die Theke. Sie lief brummelnd nach vorne. Mein Herz raste, das Adrenalin schoss durch meine Adern. Noch hatte sie das Fehlen des Essens nicht bemerkt.
Sie fast direkt vor mir. Schliesslich, drehte sie sich um und lief ein wenig von mir weg. Ich stand auf, duckte ich mich und lief los. An der Frau vorbei, die sich durch den leisen Luftzug verwirrt umdrehte, mich aber nicht mehr sah, die Treppe runter und nach draussen. Hinter mir fiel die Tür ins Schloss.
Kaum war ich zwei Strassen weiter, hörte ich die Frau fluchen - Sie hatte den Verlust bemerkt. Ich grinste, jedes mal überlistete ich sie aufs neue.
Ich schlich weiter durch die Dunkelheit. Zurück zum Steinbruch. Dort angekommen, schaute ich mich erst verstohlen um, bevor ich hinein lief.
Das Mädchen wartete schon. Als ich ihr das Essen reichte, verschlang sie es heisshungrig. Wie lange hatte sie nichts mehr gegessen?
Auch ich griff zu. Keiner sagte ein Wort, schweigend assen wir. Das gab mir Zeit sie zu beobachten. Sie sah aus wie eine jüngere Ausgabe von Feather, die selbe zierliche Gestalt, die selbe Zerbrechlichkeit. Doch da war noch etwas. Etwas, das nicht zu Feather passte. Was war diese fremde Spur in ihren Zügen?
Erst jetzt fiel mir auf, dass das Mädchen ein Kleid trug. Ein zerrissenes, hellblaues Kleid. Das verwunderte mich. Woher hatte sie das?
Nachdem wir fertig gegessen hatten, nahm ich sie bei der Hand. "Komm mit!" folgsam stand sie auf und lief mir hinterher. Sie brauchte etwas zu trinken.
Nox
Clith kam kurze Zeit später zu mir hinüber.
"Was willst du wissen?" Er kam schnell zur Sache. Wie immer. Die anderen zwei sahen ihm misstrauisch nach, doch ich machte ihnen nicht die Freude mein Gesicht zu zeigen.
"Es geht um die Neue von Fiens." Ein merkwürdiger Ausdruck schlich über sein Gesicht. Ich wurde aufmerksam, irgendwas hatte er zu verbergen. Der Ausdruck verschwand bald wieder, stattdessen lag seinen offene Hand auf dem Tisch. Wortlos drückte ich ihm das Geld in die Hand. Er zählte, lächelte zufrieden und liess seine Hand in der Tasche verschwinden.
"Was willst du wissen?"
"Alles. Wer ist sie?"
Clith machte eine Pause, als ob er überlegen würde, was er sagen sollte und was nicht.
"Nun, ich denke Keneth hat das nicht in seinen Auftrag inbegriffen. Sie ist um diese Zeit meist in der Stadt. Heute hat er sie zur Lengstreth Streat geschickt. Wirst sie da finden." Er wollte wieder aufstehen.
Was bildete der sich ein? Er wusste ganz genau, dass mir Keneths Auftrag so was von scheissegal war. Clith beugte sich nochmals zu mir hinüber. "Er will nicht, dass du es weisst. Weder Fiens noch dein Keneth!"
Das war zu viel. Innert Sekunden war meine Hand an seiner Kehle. "Ich scheiss auf die beiden! Wer. ist. sie?" Cliths verschlagenes Gesicht wurde langsam blass.
"Sie... vor ein paar Tagen hat er sie mitgebracht... wahrscheinlich eine Waise... ich weiss nicht woher sie kam... nicht aus der Stadt auf jeden Fall..." ich drückte mehr zu, Clith würgte "Ich... weiss... nicht... mehr!"
Viele waren aufgesprungen von ihren Plätzen, doch niemand wagte sich einzumischen. Ich liess ihn wieder frei, er verschwand nach draussen. Ich sah mich um. Die meisten hatten sich wieder hingesetzt und sich ihren eigenen Geschäften zugewandt. Nur die beiden von Fiens bleiben stehen und kamen auf mich zu.
Scarlet
Ich lief weiter, bis ich zu dem eiskalten Bach kam, der immer sauberes Wasser führte. Alle anderen Bäche waren verschmutzt.
Vorsichtig hielt ich sie fest, als sie sich über den Rand beugte und trank. Sie hatte kaum die Kraft selbst zu trinken. Sie spritzte sich Wasser ins Gesicht und liess ihre Hände sind Wasser sinken, ich weiss nicht ob sie zu wenig Kraft hatte oder ob sie es einfach nur genoss das kalte Nass zwischen den Fingern zu spüren.
Ich ging ein paar Schritte zurück, damit sie aufstehen konnte. Als sie sich umdrehte traf mich der Schlag. Dort, wo vorher noch verklebte Haare gehangen hatte, sah ich jetzt eine Narbe. Eine hässliche, verkrustete Narbe. Ich blickte sie an: "Woher hast du die?"
Das Mädchen sah zurück, dann wandte sie sich ab. "Von... einer Frau. Ich wollte sie bestehlen und sie hat mir das Messer durchs Gesicht gezogen." Mir wurde bewusst, dass ich sie zum ersten Mal richtig sprechen hörte, ihre Stimme war leise und müde.
Irgendwas sagte mir, dass sie log, aber ich wollte nicht näher darauf eingehen. Schweigend folgte sie mir. Ich musste einen Ort für sie finden, an dem sie sicher war. Dann fiel mir der Auftrag wieder ein. "Verdammt", entfuhr es mir.
Das Mädchen sah mich an, "was hast du?"
"Nichts, nichts", beeilte ich mich zu sagen. "Komm wir gehen"
Ich lief in eine völlig andere Richtung weiter, so schnell, dass sie mir kaum folgen konnte. Da, da war das Haus. Kein Licht brannte in ihm. Doch täuschen konnten mich die Bewohner nicht. Ich wusste, was ich tun musste.
Ich lief zur Tür hinauf, doch diese stand offen. Rasch die Treppen hinauf, und in den Raum hinein. Hinter mir begann das Mädchen zu schluchzen, als sie die Toten sah. Alle, alle lagen dort. Doch der Mörder, er war noch hier.
"Versteck dich", befahl ich dem Mädchen, und sie kroch in den Schrank. Kaum war sie verschwunden, rief ich: "Ich weiss, dass du hier bist, komm raus!"
Etwas knarrte, dann wurde ein Teller nach mir geworfen. Nur ein Hechtsprung zur Seite rettete mich. Ein Mann erschien, sein Gesicht war im Dunkeln. Doch mir war es egal, wer er war, er wollte mich umbringen, dass war alles was zählte.
Er hatte zwei Messer in der Hand, mit denen er auf mich einschlug. Ich war nur damit beschäftigt ihm auszuweichen. Sollte ich auf ihn werfen? Nein, ich musste wissen, was er wollte. Den nächsten Streich, der auf meinen Hals gezielt hatte, musste ich mit der Hand abfangen. Der Schmerz durchzuckte mich. "Verdammt."
Der Mann lachte auf, als hinter uns eine Tür knarrte. Er griff nach mir, erwischte meine Haare und drehte mich um. Ich blickte direkt in zwei dunkle Augen. Keine Sekunde danach liess er mich wieder fallen. Er hatte das Gesicht des Mädchens gesehen. Ich wusste jetzt, wer er war. Seine Verwirrtheit nutzte ich aus, riss ihn um und verschwand mit dem Mädchen nach draussen.
Nox
Ich hätte sie gehabt. Noch ein zwei Attacken und sie wäre genau so tot wie der Rest. Sie war keine schlechte Kämpferin, das muss man ihr lassen. Doch selbst damit hätte sie keine Chance gehabt. Hätte.
In diesem Moment fiel das Licht auf das blasse Gesicht ihrer Begleiterin. Feather. Nein, das konnte nicht sein! Sie war tot! Und doch... die Kleine sah ihr ähnlich. Viel zu ähnlich.
Für einen Moment überlegte ich ob ich nicht doch dem Auftrag folgen sollte, doch Keneth konnte mir gestohlen bleiben. Ich würde ihn zwar für den Rest meines (oder seines) Lebens auf den Fersen haben, seine Spitzel waren überall. Doch das war wichtiger. Wer waren die beiden?
Sie nutzen natürlich ihre Chance und rannten. Ich war gleich auf ihren Fersen, man würde herausfinden wer den Überfall begangen hatte und nicht nur Keneth würde mich verfolgen. Die Polizei wartete schon lange auf einen Hinweis. Bitte sehr. Sollten sie doch Jagd auf mich machen. Mir war es egal. Mir war alles egal. Alles, ausser die beiden Mädchen.
Ich trat auf die Strasse, sah gerade noch wie die beiden um die nächste Ecke bogen. Ich folgte ihnen.
Sie waren schnell, obwohl sich die eine immer wieder fangen musste und sichtlich Mühe hatte mit dem Tempo ihrer Gefährtin mitzuhalten.
Sie kannte sich genauso gut in der Gegend aus wie ich, doch die Tatsache, dass ich kurz vor der Enthüllung von Feathers Tod stand machte mich blind.
Ich hätte merken sollen, dass wir kurz vor dem alten Fabrikgebäude waren. Fiens Hauptquartier. Der Höhle des Löwen. Doch im Normalfall würde ich auch nicht jemanden hierher verfolgen. Im Normalfall wären sie tot. Alle beide.
Tja, so kam es, dass ich direkt in die Falle rannte. Ausgerechnet. Schon seit ich laufen konnte, hatte ich gemerkt immer aufmerksam zu sein, was um einen herum passierte, sonst konnte es schlecht enden.
In diesem Fall endete es schlecht. Sie waren zu sechst. Die Mädchen waren verschwunden. Einer von Fiens Männern wäre ein Kinderspiel gewesen. Auch mit Zwei oder drei würde ich es aufnehmen. Aber mit sechs? Ich machte nicht einmal den Versuch dazu. Es wäre nur eine Kraftverschwendung gewesen.
Mit Fliehen kam ich nicht weit. Als zwei mich festhielten und einer mir den Arm auf den Rücken drehte, gab ich mich geschlagen.
Sie fesselten mir die Hände auf den Rücken (Bei einem wie mir kann man ja nie wissen...!! Schon gar nicht wenn er von Keneth kommt) und zerrten mich hinein. Das konnte ja heiter werden!
Scarlet
Wir rannten, rannten und rannten. Das Mädchen stolperte immer wieder, aber ich zog sie weiter. Wir rannten in Richtung Fabrikhallen. Im Hauptquartier war es am wahrscheinlichsten auf jemanden zu treffen.
Ich zog sie direkt hinein. Keuchend bleib ich stehen. Er folgte uns nicht, sie hatten ihn gefangen. Ich kam langsam wieder hinaus, hinter mir das Mädchen. Sie schien verängstigt, sah aber nicht sehr schlimm aus. Ein paar Kratzer, nichts weiter. Meine Hand blutete immer noch.
Nox
Kaum war ich keine Gefahr mehr für sie, kam sie wieder heraus. Ich bleib stehen, ungeachtet der Männer die mich weiterzerren wollten.
Die andere folgte ihr, bleib aber hinter ihrer Begleiterin versteckt. Ich musterte sie nochmals. Sie glich Feather wirklich.
Ich wurde weitergezogen, sie folgten ebenfalls. Ich beschloss erst einmal nichts zu sagen, ich würde schon noch herausfinden was es mit den beiden auf sich hatte. Im Moment hatte ich gerade andere Probleme.
Fiens glich Keneth in keiner Hinsicht. Während dieser eher der Arsène Lupin war, dem man seine Arbeit nicht ansah, war Fiens der Räuber schlechthin war. Ein Riese von Mann, der sich keinen Hehl um sein Aussehen scherte.
Unerträglich waren sie beide. Als sie mich rein stiessen stand er auf, er überragte den ganzen Rest um einen halben Kopf. Er nickte den Mädchen zu, die hinter mir hereinkamen.
Bei Fiens verspürte ich den gleichen Drang zum Messer zu greifen, wie bei Keneth. Doch alle meine Waffen hatten sie mir abgenommen und mit gefesselten Händen mordet sich schlecht.
Scarlet
Ich blickte Nox an. Nicht, um seine Züge zu studieren. Ich wusste wie er aussah. Ich wollte wissen, wie er sich fühlte. Aber er hatte keine Augen für mich, nur für das Mädchen.
Mit einem barschen Befehl schickte Fiens alle raus. Alle ausser uns zwei und zwei seiner engsten Gefolgsleuten. Nox blieb stehen wo er war und wartete darauf, dass Fiens zu sprechen begann. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen.
"So, haben wir Keneths Kleiner Hund gefangen? Und wieso? Aus Liebe! Tja, Nox, Liebe macht jeden Menschen schwach. Ich nehme mal nicht an, dass du für mich arbeiten willst. Aber ich nehme an, dass Keneth nach seinem Liebling sucht. Also wirst du wohl für die nächste Zeit meine Gastfreundschaft geniessen, was sagst du dazu?"
Nox hatte sich das Ganze ohne jegliche Regung angehört. Seine Stimme war leise und beherrscht, doch ich spürte den Zorn auf Fiens der darin mitschwang. "Was hab ich gross zu sagen, gehen kann ich ja nicht. Du hast aber anscheinend noch mehr Besuch. Wer ist sie?" er nickte zu dem Mädchen hinüber, das immer noch hinter mir stand.
Fiens schien sie erst jetzt bemerkt zu haben, verbarg sein Erstaunen aber rasch unter einem bösen Blick in meine Richtung. Ich zuckte mit den Schultern.
„Los, Antworte! Er ist nicht der Einzige, den das interessieren würde!“
„Ich heisse Lauren. Ich... bin eine Waise.", antwortete sie leise.
Fiens grunzte missmutig. „Wir werden später noch sprechen“, ich wusste nicht ob das mir, Nox oder Lauren galt. "Bringt ihn weg"
So hiess sie also.
Lauren.
Nox
Kluger Mensch. Er wusste genau, dass ich nicht gehen würde. Ich hätte jederzeit abhauen können, ein Kinderspiel. Jeder der Leute die mich bewachen sollten war entweder bestechen oder leicht zu umgehen.
Tja, zu einer Möglichkeit mit Lauren zu sprechen kam ich dann doch nicht, einer von Fiens Leuten war so klug zu bemerken, dass ich jederzeit abhauen könnte und meldete das auch. Fiens sagt nichts dazu, warf mir nur einen vielsagenden Blick zu, liess mich dann aber doch einsperren.
Wahrscheinlich mehr zu seinem Vergnügen, als zur tatsächlichen Sicherheit. Das war's dann wohl mit Nachforschungen nach Feather. Doch Lauren schien auch nicht ganz uninteressiert daran zu sein, etwas über mich zu erfahren. Nach zwei Tagen tauchte sie auf.
Sie bleib in der Tür stehen. "Ich weiss wer du bist"
"Schön für dich."
"Wieso wolltest du mich umbringen?"
Ich verdrehte die Augen. Entweder stellte sie sich dumm oder sie war wirklich so blöd. Ich ging nicht darauf ein.
"Wer bist du?"
"Hab ich dir doch gesagt."
Langsam ging es mir auf die Nerven! Die Kleine fühlte sich überlegen, weil ich mich nicht wehren konnte. Wie sie alle! Wenn der Hund an der Kette ist verspotteten sie ihn, aber wenn er los war verkrochen sie sich.
Als ich still blieb, wandte sich sich um "Ich komme wieder."
Scarlet
Ich hatte gewusst, dass Lauren zu ihm gegangen war. Also stand ich da und belauschte ihr Gespräch. Es hätte witzig sein können, doch empfand ich nicht so.
Ich wollte auch mit ihm reden, doch nach dem, was Lauren und er sagten, schien es mir nicht angebracht, ihn auch noch zu stören. Ich wollte nur noch weg. Doch ich konnte nicht, denn Nox hätte mich unweigerlich gesehen. So blieb ich sitzen und wartete...
Nox
Lauren kam mehr als einmal. Sie stand immer einfach nur da und sah mich an.
Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Der Raum hatte keine Fenster, roch nach abgestandenem Wasser und war dunkel.
Ich lehnte den Kopf gegen die Wand. Der Aufschlag war hart und tat weh. Ich fluchte. Hörbar.
Schon mindestens drei Tage hockte ich nun in diesem Loch. Hilflos und unfähig auch nur das Geringste zu tun. Fiens hatte es nicht für nötig gehalten mich zu Besuchen.
Die Tür knarrte, ihre magere Gestalt zeichnete sich schemenhaft im Lichtschein der hineinkam ab.
"Was willst du?" Meine Stimme war rau, beinahe fremd.
Wie hatte ich es geschafft mich gefangen nehmen zu lassen? Wie ein dummer Hund! Fiens wusste, dass er mich nicht kriegte, wir spielten schon lange Katz und Maus, immer war er der Verlierer gewesen. Wie sie alle. Aber nein! Dieses verdammte Mädchen musste auftauchen!
"Komm jetzt! Entweder du sagst mir was du willst oder du verschwindest jetzt wieder auf der Stelle! Kapiert?!" Sie zitterte. Als ob ich ihr etwas tun könnte. Es brachte mir kaum Genugtuung, Sie blieb stehen.
"Er will dich sprechen.." Na endlich!
Scarlet
Ich stand im Schatten, so wie immer. Lauren konnte es nicht lassen immer wieder zu ihm zu gehen.
Schon heute morgen konnte ich ahnen, was Fiens vorhatte. Sein Grinsen zeigte es mir. In dieser Nacht, würde Nox sterben. Ich redete mir ein, es würde mir nichts ausmachen, vergebens.. Nox tat mir Leid, wieso auch immer.
Ich dachte nach, als ich im Schatten stand. Nox war, ein Mörder, ja, aber das waren wir alle. Als Lauren dann sagte: "Er will dich sprechen..." trat ich aus meinem Schatten.
Beide zuckten zusammen.
"Wie lange stehst du schon hier?"
Ich zuckte mit den Schultern. "So lange wie du." Lauren wollte schon zurückfauchen, aber sie beherrschte sich wieder.
"Los, kommt, wir fliehen!" Ich blickte Nox an. Er wirkte nicht verwundert, wieso auch immer. Wir verstanden uns durch Blickkontakt, er war beachtlich schnell auf den Beinen.
Dann rannten wir los. Unsere Schritte hallten durch die leeren Räume, aber niemand war hier. So dachten wir zumindest.
Kaum waren wir um die nächste Ecke gelaufen tauchten auch schon Wachen auf. Es waren drei und sie versuchten uns einzukreisen. Ich zog mein Messer hervor, doch Nox und Lauren waren unbewaffnet. Wir hätten keine Chance. Ich überlegte nicht lange und griff einen der Wachen an. Kaum lag er am Boden, schnappte sich Nox auch schon seine Waffe. Jetzt sah es besser für uns aus und wir schlugen sie zurück.
Wir mussten uns beeilen! Die Zeit drängte, wenn wir nicht verschwanden, waren bald so viele Leute um uns, dass wir alle eingesperrt würden.
Nox
Ich machte mir kaum Gedanken wieso sie mich rausholte, zuerst. Wir rannten, ich machte mir vor allem sorgen um Lauren. Die andere konnte sich gut alleine durchschlagen.
Wir liefen den Gang entlang, niemand war mehr zu sehen, doch die Stille war täuschend, das wussten wir alle drei. Sie lief mehr oder weniger zielstrebig auf einen Raum zu, wie genau sie wusste wo der Ausgang war den sie suchte schien sie nicht sicher zu wissen.
Die Tür war geschlossen. Ich brauchte eine Ewigkeit bis ich an den Dietrich in meiner Tasche kam, es gab zum Glück immer noch Orte, die sie nicht durchsuchten.
Hinter uns waren Schritte zu hören. Das Schloss drehte sich. Endlich!
Ein langgezogener Raum tat sich auf, auf der anderen Seite war der Ausgang. Ein frischer Wind blies uns entgegen, die Nachtluft strömte herein.
Doch wir waren noch nicht draussen, unsere Verfolger holten auf. Wir waren beinahe durch die Halle, als Lauren stürzte.
"Ich kann... nicht mehr!" Ihre Stimme war nur noch schwach. Arme Kleine.
Instinktiv machte ich kehrt, das gestohlene Messer drang in den Bauch des vordersten, ich zog es rasch wieder heraus und hob Feather auf. Halt! Lauren, nicht Feather. Ich verfluchte mich im Stillen, das Mädchen war verdammt noch mal nicht sie! Auch wenn sie so aussah....
Ich hob sie hoch und lief los, sie wog kaum etwas, kein Wunder, wie sie aussah.
Kaum waren wir draussen hatten wir sie los, hier kannte ich mich wieder aus, wir waren am Waldrand. Hinter den nächsten Bäumen waren wir verschwunden.
Ich liess Lauren auf den Boden gleiten. "Hol Wasser!" Wie hiess sie eigentlich?
Die Erwiderung lag ihr auf den Lippen, doch mit einem Blick auf Lauren liess sie es bei einem bösen Funkeln bleiben und lief los.
Lauren lag auf dem Boden und atmete schwach, ihre Augen waren geschlossen, sie hatte das Bewusstsein verloren.
ich strich ihr die Haare aus dem schmalen Gesicht. Wieder lag Feather da auf dem Moos, nicht das Mädchen.
Was hatten die beiden miteinander zu tun? Sie hätte ihre Schwester sein können, wen sie nicht so jung war, oder ihre Tochter...
Ich biss mir auf die Lippen. Es durfte nicht wahr sein! Es konnte nicht...! Doch in meinem Inneren wusste ich schon damals wer sie war...
So Feb 05, 2012 5:36 am
