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 Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)

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Vermouth
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BeitragThema: Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)   Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1) Icon_minitimeMo Feb 15, 2010 7:17 pm

Prolog
Egal wie lang man lebt, die Unwissenheit ist immer gegenwärtig

Ich war vertraut in dem, was ich tat. Niemand sonst, wusste von dem, was ich wusste. Im Grunde, war ich ein ganz normaler Mensch . . . hatte Angst zu sterben. So entdeckte ich einen Weg; nur für mich alleine.

Vor siebzehn Jahren entdeckte ich einen Jungen, seinen Namen kannte ich nicht . . . es war mir auch egal. Ich hatte ihn eine Zeit lang beobachtet, er war faszinierend, erstaunte mich immer wieder. Doch dass waren alle, die einen Kristall gefunden hatten und nun trugen. Jedoch musste man sich ge-stehen, selbst mit einen glückbringenden Kristall, brachte er es immer wieder in Situationen, in dem selbst der Kristall nicht viel helfen konnte –der Junge hatte im wahrsten Sinne des Wortes, einen Schutzengel! Ich dachte, selbst wenn er Suizid begehen wollte, sich vielleicht von einem Hochhaus stürzen, würde er es schaffen sich leichtfüßig vom Boden auf-fangen und abrollen zu können. Er war nicht viel älter als zehn Jahre. Be-dauerlich, dass so etwas junges durch Größenwahnsinn verdorben wurde.
Diesen kleinen Jungen zu sehen, schmerzte –er musste erlöst werden von seinem Leiden. Vielleicht brachte mir der Junge noch etwas, wer weiß. Eigentlich mochte ich das Töten nicht, aber es war meine Aufgabe. Ob ich nun Dämonen oder Verdammte zurecht wies, machte keinen Unterschied. In meinen Hinterkopf flackerte etwas auf; ich brauchte diesen Jungen! Wenn ich leben wollte, war es egal, wenn ich tötete! Der Junge würde ohne mich ohnehin irgendwann sterben. Und ich merkte, wie meine Muskeln anfingen zu schmerzen, Gelenke wurden spröde . . . ich wurde alt, wenn ich nicht jedes Jahr einen Neugeborenen fand. Doch mir behagte es nicht ein Kind zu töten. Meine eigentlichen Opfer waren junge Erwachsene, mit einem weit fortgeschrittenem Stadium der Kristalle. So dass ich gar nicht töten musste . . . doch hier war es unabdinglich.
Ich stellte mich eines Tages dem Jungen gegenüber. Er blickte mich an, als wüsste er schon längst wer ich war. Es regnete, und seine blonden Haare klebten an seinem Gesicht, er blickte mich aus blauen Augen an, er durchbohrte mich fast. Die Kristalle machten wohl nicht nur glücklich . . . sie ließen die Zeit schneller laufen. Zwanzigjährige starben glücklich mit dem Gebrechen von achtundachtzigjährigen. Genauso schien es bei dem kleinen Jungen. Kaum zehn Jahre alt und schon mit dem Blick eines Erwachsenen.
Er fragte mich, wer ich sei . . . ich antwortete ihm, ich sei ein Todes-engel, ich würde ihn holen kommen, er brauchte keine Angst zu haben.
Er nickte.
Ich zückte einen kleinen Dolch und fragte, ob er doch Angst habe.
Er schüttelte seinen kleinen Kopf.
Ich trat immer näher bis er wieder zu sprechen begann.
»Der Kristall bringt Glück. Er bewahrt einem vor dem Tod . . . er macht dich erwachsen. Aber in der Dunkelheit eines Schatten, kann er nicht helfen . . . erstaunlich«
»Du bist anders . . . nicht so wie die anderen«
»Vielleicht ... womöglich, weil ich weiß, dass es noch nicht zu Ende ist«
Ich blickte ihn verblufft an und wartete bis er weitersprach.
»Ich wurde nicht nur von dir beobachtet, weißt du. Er hat mich auch beo-bachtet . . . ebenso wie dich« Er zeigte an mir vorbei. Hinter mir stand ein Mann mit einen langen dunklem Mantel und einer Kapuze die tief ins Ge-sicht gezogen war. Ich kannte ihn.
Ich schnitt dem Kind die Kehle durch; weder erschrak er noch drang ein Ton aus seiner Lunge. Er war darauf vorbereitet.
»Und? Habe ich das getan, was du von mir erwartet hast?«, fragte ich. Die Gestalt nickte hinter mir, als ich mich umdrehte und ihm den Anblick auf den toten Jungen freigab.
Eine Blutlache hatte sich unter dem toten Jungen gebildet. Der Junge fing nach wenigen Minuten an zu zucken. Ein dunkler Schatten quoll aus der Kehle des Jungen und fiel mit einem lauten platsch in die Blutlache. Es formte sich weiter bis es nach kurzer Zeit einem Neugeborenen glich; menschlich aber doch unnatürlich. Es schrie nicht, wälzte sich nur in der Blutlache.
»Es ist zu spät für dich«, sagte die Gestallt
»Ja . . . aber ich denke, es ist besser so. Immerhin war er noch ein Kind!«
»Kind oder Greis, dass spielt keine Rolle«
Ich riss dem toten Jungen, den Kristall vom Hals.
»Was wirst du nun mit ihm machen?«
»Was wirst du mit ihm machen, wenn ich ihn im nächsten Fluss ertrinken lasse?«
»Das weißt du ganz genau«, antwortete die Gestalt scharf.
»Ich werde die Scharade aufrecht erhalten«


*

An einem kühlen Abend zogen dunkle Gestalten sich ihren Weg durch den finsteren Wald. Die Nacht war schon lange angebrochen und präsentierte den wandelnden Wesen wie beängstigend die Dunkelheit sein konnte. Der Angstschauer unterlag dem kalten Wind, der mit mächtigem Getöse durch die Baumwipfel zog. Bäume krächzten unter ihrem eigenen Gewicht und bogen sich abstrus in Windrichtung. Trotz alledem war es ein warmer Juni-tag gewesen, welcher einen schlagartigen Wandel genommen hatte. Eulen sangen schräg ihre Lieder und Einhörnchen huschten und sammelten die letzten Eicheln ein, bevor der Regen sie überraschte.
Durch hohes Gebüsch trampelten sich ungeschickt zwei Gestalten vor-wärts. Sie waren nicht die Einzigen, doch es war ihnen auch egal. Ihr einziges Ziel war gerade, trocken an ihrem Treffpunkt anzukommen. Sie hatten sich ihre schwarzen Mäntel eng um ihre Körper geschlungen. Der größere Geselle verfluchte sich, da er vor seinem Aufbruch nicht den Nach-richten gelauscht hatte. Weder hatten sie Handschuhe dabei noch eine Kapuze an ihren viel zu dünnen Mänteln. Ihre Hände waren tief in den Manteltaschen vergraben. Das Einzige was man von ihnen sah, waren ihre geröteten Ohren und ihre Haarschöpfe, die aus den hohen Kragen lugten.
Erleichtert traten sie aus dem Wald. Glücklich über den letzten hohen Busch gestiegen und beruhigt rechtzeitig im Trockenen zu sein. Vor sich er-blickten sie ein altes Haus. Die große Terrasse bot ihnen Schutz vor dem nun eintretenden Regen. Der Kleinere zupfte sich mürrisch die Kletten aus dem Stoff seines Mantels, während der Größere am Türgriff rüttelte. Sein Klopfen war genauso nutzlos, wie wenn er in einem überfüllten Stadium stünde und schrie –niemand würde es hören.
»Sind wir zu früh?«, fragte der Kleine ihn sarkastisch und blickte nicht von seinem Mantel ab.
»Eher pünktlich!«, schnaubte er und lehnte sich auf die Hollywood-schaukel, die auf der Terrasse stand. Er sah abwechselnd auf seine Uhr und in den Wald hinaus. Was er sich hätte sparen können, dachte der Kleinere der durch die Nacht nicht mal seine eigene Hand hätte erkennen können.
Minuten vergingen bis eine Gestalt aus dem Wald trat. Sie hatten ihn nicht gesehen, aber kommen gehört. Gleich darauf kamen weitere Gesellen zu ihnen. Nur wenige hatten sich eine Taschenlampe gegönnt, um durch den Wald zu wandern. Die Stille des tropfenden Regens wurde durch raschelndes Gebüsch gebrochen, auch leises Flüstern und Raunen ging die Runde.
»Da hat es jemand aber eilig, mit uns zu reden!«, sagte der Mann, der als Erster zu ihnen trat. Der Kleinere konnte hören wie er in seiner Tasche etwas suchte. Wahrscheinlich den Schlüssel dieses Hauses. Er gluckste.
»Es ist auch eine misslinge Lage, in der wir uns befinden!«, antwortete der Größere scharf.
»Die du uns bestimmt gleich allen darlegen möchtest, wie ich meine?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage, die er nicht wirklich beant-wortet haben mochte. Die Tür öffnete sich und der Mann schaltete das Licht ein. Sie traten hinein. Nun sah der Kleinere welche Gestalten, die wie er durch den dunklen Wald spaziert waren. Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, war einen Kopf größer als sein Begleiter gewesen. Sein Haar war er-graut und buschig wie sein Bart. Dieser Mann erinnerte ihn stark an den alten Ziegenhirten aus Heidi. Doch war sein Blick unter den zottigen Au-genbrauen freundlich, aber etwas Gieriges lag in ihnen. Er konnte sich nicht erklären, wieso und warum er dieser Annahme war.
Als nächstes schritten zwei Gestalten ein, deren Gesichter verborgen wurden durch tief ins Gesichts gezogene Kapuzen. Sie schoben sie erst von ihren Häuptern, als sie eingetreten waren und sich einen gemütlichen Platz auf einer Couch gesucht hatten. Er erschauderte, als er ihre Gesichter er-blickte. Ihre Hautfarbe war sehr blass. Jäh schoss es ihm im Kopf durch, dass so Menschen aussehen würden, die Jahrzehnte keine Sonne erblickt hatten. Doch schien ihre Farbe nicht beunruhigend. Alles passte zu-sammen. Die glatte, reine Haut und die leicht rot gefärbten Lippen. Auch ihre Augen beherbergte die Gier.
Dann betraten Wesen mit einer nahezu warmen Aura den Raum. Er fragte sich, ob hier wohl alle Verdammten versammelt seien? Sein Begleiter erhob sich.
»Ich würde nun gerne, die Vertreter nach oben bitten« Er klang sehr autoritär. Der behaarte Mann, einer der Albinos und eines der Lichtwesen standen auf, sowie eine alte, verdatterte Frau und andere menschenähnliche Kreaturen. Der Kleine blieb zurück. Wie gerne wäre er seinem Genosse nachgeeilt und hätte diesem wichtigen Gespräch gelauscht.
»Du wirst es noch früh genug erfahren, mein Lieber«, sagte die zurück-gebliebene Albino. Er starrte sie unverblüht an.
»Hör auf in den Gedanken anderer zu schnüffeln!«, fuhr das Lichtwesen den Albino an. Jetzt blickte er das Lichtwesen an.
»Was werde ich noch früh genug erfahren?«, stammelte er. Sein Blick wanderte über die Wesen, die ihn mit ihren Blicken umkreisten. Unbehagen schnürte seine Kehle zu.
»Du brauchst keine Angst vor uns zu haben. Noch nicht«, sagte die Frau mit der blassen Haut. Sie entblößte ein Lächeln, wodurch ihre spitzen Eck-zähne aus den Wundwinkeln stießen. Ihre eben noch braunen Augen hatten sich in ein eisblau verwandelt. Er konnte ihre Gier nach Blut spüren.

Im Obergeschoss ließen sie sich auf Stühle, die an einem runden Tisch standen, nieder. Der Größerer, der Onkel des Kleinen ließ sich nicht nieder. Er war stehen geblieben und sah in jedes Gesicht, das ihm gefolgt war. Es war ein kleines Zimmer, mit spärlichem Lichtzufluss. Ein paar Kerzen hatte der behaarte Mann angezündet.
»Ihr wisst, warum ich diese Zusammenkunft verlangte?«, fragte er in die Runde.
»Ich schon. Ich habe 5000 Jahre darauf gewartet«, sagte der mit der blassen Haut.
»Dann macht es dir sicher nichts aus, wenn du es uns erzählst, was da-mals passiert ist«
»Ich bin auch der Einzige, der dabei war! Wer könnte es besser vor-tragen?«, sagte der Blasse und bleckte seine Zähne. »Vor 10.000 Jahren er-eignete sich die erste verheerende Planetenkonstellation. Die Planeten reihten sich langsam zu einer Linie zusammen. Alles begann mit den herab-fallenden Kristallen, niemand wusste, woher sie kamen. Sie fielen wie Meteoriten auf die Erde, jedoch fanden die Menschen nichts weiter als die Kristalle in den Einschlagslöchern. Ohne Bedenken nahmen die Menschen die Kristalle an sich. Sie wurden glücklich. Alles, was sie dachten, sagten und machten brachte ihnen Glück. Unverholendes Glück! Doch niemand stand es zu diese Kristalle zu besitzen, doch viele besaßen einen. Ihres Glückes waren sie größenwahnsinnig geworden und wollten noch mehr. Die Menschen verdarben sich schließlich selbst.
Die Kristalle waren jedoch nur eine Warnung, die keiner zu achten wusste. Es begann die Mondfinsternis, welches das erste Tor öffnete. Krankheiten breiteten sich aus. Es war den Menschen egal, ob sie sich bei Vollmond in ein Wolf verwandelten oder sie plötzlich nach Blut dürsteten. Ihnen waren nur noch die Kristalle wichtig. Als jedoch auch noch die Sonnenfinsternis stattfand, war alles vorbei. Noch mehr glückbringende Kristalle flogen auf die Erde. Noch mehr erkrankten. Das Schlimmste war jedoch, dass sich ein weiteres Tor öffnete. Und dieses Tor brachte die Ur-heber der Krankheiten zu uns. Sie waren kräftiger und gewandter als wir. Es war ein ewiger Krieg, den niemand gewinnen konnte. Sie wollten die Herrschaft der Erde; wir wollten sie aber nicht aufgeben. Viele starben auf beiden Seiten. Sie verwandelten uns. Ich wurde wie viele andere infiziert. Seit dem wandle ich als Untoter durch die Welt.
5000 Jahre später hatte sich der ewige Krieg normalisiert. Doch die Tore waren immer noch offen! Immer weitere, weit aus schlimmere Dämonen betraten die Erde. Ich weiß nicht genau, was damals passierte. Es ist nur Hören und Sagen. Es hieß: ein Mädchen habe die Kristalle zu den Toren ge-bracht und verschlossen. Niemand wusste genaueres. Sie hatte das Tor ge-schlossen und nun suchten sie nach ihr. Selbst das Mädchen schien von der Erde verschluckt worden zu sein!
Wir schafften es die Dämonen zu vernichten. Mit den anderen Wesen konnten wir eine Einkunft hervorbringen, die noch heute intakt ist. Diese Einkunft. Wir ließen nur die leben, die sich einem zivilisierten Leben ein-fügen konnten. Jeder andere wurde vernichtet. Und nun sind wir genau an der gleichen Stelle wie vor 10.000 Jahren! Zwar suchen und suchen wir, aber was haben wir bisher gefunden? Nichts! 5000 Jahren suchen wir. Das Dumme ist nur, dass ihr sterbt und euer Wissen weiter geführt werden muss. So ist so manches in Vergessenheit geraten, wie?«, sagte er barsch und blickte spöttisch den Onkel an.
»Verzeih, dass wir sterblich sind. Aber vergisst du nicht, warum wir hier sind?«, fragte der Onkel.
»Die Abkommen sind von beiden Seiten eingehalten worden. Jedoch ist das Suchen der Kristalle und Tore nicht unsere Aufgabe, Jared«, sagte der behaarte Mann trocken. »Gerne sagen wir den jeweiligen Ministerien be-scheid, sollten wir etwas finden«
»Wie kann man 5000 Jahre verschwenden und nichts finden?«, warf ein Lichtwesen ein.
»Hört auf! Diese Impulse von euch bringen meinen Kopf fast zum platzen!« Ein junges Mädchen massierte sich die Schläfen.
»Empathie ist wohl doch kein so großer Segen«, spottete der Vampir.
»Locnar!«, herrschte Jared.
»Wir alle sind verdammt. Doch dich trifft es am härtesten, Locnar«, sagte ein Lichtwesen ruhig.

»Nie im Traum hätte ich daran geglaubt!«, sagte Jareds Neffe. Seine Lippen und sein Rachen fühlten sich trocken an. War das hier das, wovor ihn sein Onkel immer schützen wollte? Sein ganzes Leben hatte er damit verbracht, ein ganz normales Leben zu führen. Zwar hatte ihn sein Onkel immer gewarnt, dass irgendwann die Zeit käme, in der er gebraucht werden würde, doch nie hätte er erahnen können, was ihn erwartete. Er verstand es nicht.
»Machen wir dir Angst?«, sagte die Vampirin und grinste süffisant. »Lass mich dir was sagen, mein Lieber«, sprach sie weiter, als er nicht antwortete.
»Will ich es wirklich wissen?«, fragte er stattdessen. Er mutmaßte, dass sie es ihm einfach sagen würde, egal was er einwand.
»Sieh es als ... hm kleinen Rat. Dass, was du auf deinem Weg brauchst, ist die ganze Zeit über vor deiner Nase«
»Was?«, ächzte er. Er verzog eine Grimasse und lehnte sich nach vorne. Ihre Miene konnte ihm nicht sagen, was sie gemeint hatte. Er wusste, dass das Gespräch hiermit beendet war. Nur das amüsierte Gelächter der Frauen hallte im Raum umher. Der Junge verstand ihr kryptisches Gerede nicht, konnte nicht erraten, was sie meinte. Ein unheilvolles Gefühl beschlich ihn, dass er von nun an nicht mehr ruhig und gelassen in England leben können würde. Es zerriss seine Alltäglichkeit, als würde es nur eine Gewohnheit sein, welche man einfach wie im Fernsehen ausknipste.
Er wand den Blick nicht von den lachenden Frauen.

»Wie werden wir nun vorgehen?«, fragte der haarige Mann.
»Wir werden wohl alle gezwungen sein, eurer Suche beizuwohnen? Wäre es nicht einfach angebrachter, einen Zettel auszuhängen und nach dem Mädchen zu suchen?«, fragte Locnar.
»Als könnten wir überall einen Zettel aushängen! Hatten wir nicht die Absicht gehabt, die Menschen von dem Ganzen fernzuhalten? Es ist mir egal, wen ihr jagt und tötet, Hauptsache niemand erfährt von euch. Und Locnar, ihr solltet vorsichtiger sein ... wenn ich nur an Dracula denke und den ganzen anderen Hirngespinste der Menschen, die im Kern wahr sind«, sagte Jared. Er war erpicht darauf Locnar zu provozieren. Doch der alte Vampir fletschte nur die Zähne und fauchte.
»Das selbe würde auch für die Werwölfe gelten, oder irre ich da?«, brach Locnar schließlich die Stille, die eingetreten war.
»Wir werden mit suchen. So schwöre ich bei meinem Rudel!« Der be-haarte Mann ignorierte die Aussage des Vampirs.
»Ein Rudel reicht nicht. Wir müssen alle herbeirufen. Ich habe mich letztens mit den Deutschen unterhalten, sie haben eine Spur. Wenn ihr eurer Gleichen zusammenruft, dann würde die Suche sich verkürzen. Locnar? Corby? Elinia?« Jared sah reih um. Alle blickten ihn unruhig an. Sie wussten, um was es ging. Der Vampir war der Einzige der sich dem Nicken nicht anschloss, das als Bestätigung gedacht war.
»Ich habe damals begonnen in den Krieg zu ziehen . . . und ich werde jetzt nicht damit aufhören! Meine Schlacht ist noch nicht geschlagen«, sagte der Vampir stolz. Er sprach so laut und deutlich, aber es war trotzdem nur ein Monolog an sich selbst.
Sie erhoben sich und gingen hinunter. Jared half dem behaarten Mann, der ein Werwolf war, die Kerzen auszupusten.
»Am liebsten wäre er mir an die Kehle gesprungen!«, raunte Jared leise, als der Vampir außer Hörweite war. So leise, dass der Werwolf sich konzentrieren musste, ihn überhaupt zu verstehen.
»Komm alter Junger, dein Enkel wartet. Du willst doch nicht, dass sie auf Jagd gehen!«
»Ich würde es ihm zutrauen«, lachte Jared hell auf und verließ mit dem Werwolf das obere Stockwerk. Während die beiden die Treppe hinunter gingen, stellte Jared erleichtert fest, dass die Vampire und Lichtwesen ge-gangen waren. Die restlichen Gäste zogen sich ihre Mäntel an und ver-schwanden in der tiefen Nacht.
»Onkel! Du musst mir eine Menge erklären«, rief sein Enkel über die Schulter. Er hatte sich nicht vom der Couch gewand. Beruhigt war Jared, als er seinen Enkel umrundete und keine Bisswunden vorfand. Den Vampiren konnte man nicht trauen. Er kicherte in sich hinein und korrigierte sich im Gedanken: Locnar konnte man nicht trauen!
»Du musst nach Deutschland«, sagte Jared kurz angebunden und nahm dankend einen Portwein vom Werwolf entgegen.
»Du willst mir nicht erst sagen, was hier los war?«
»Mach einfach, was ich dir sage!«, unterbrach sein Onkel ihn, als er protestieren wollte.
»Seit wann tue ich das, was du mir sagst?«
»Seit deiner Geburt wurdest du hierfür ausgebildet. Du bist dem ge-wachsen. Wenn du wieder in London bist, werde ich dich aufklären. Ich bin gerade zu erschöpft« Er blickte seinen Onkel an, der nicht älter war als fünfunddreißig. Doch nun sah er in ein ausgemerktes Gesicht. Es war blass und verzerrt von den Strapazen. Er schien um Jahre gealtert zu sein.
Nachdem sein Onkel die Flasche Portwein mit dem Werwolf geleert hatte, ging auch die Sonne langsam auf. Jared verabschiedete sich. Sein Onkel fuhr mit ihm in einem Taxi zum Flughafen. Er stemmte sich erst gar nicht gegen die Entscheidung von seinem Onkel, weil es doch nichts nützen würde. So nahm er den Anschlussflug nach Deutschland, während sein Onkel längst nach London unterwegs war.
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BeitragThema: Re: Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)   Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1) Icon_minitimeMo März 01, 2010 8:08 pm

1
Ein neues Leben
Talismane bringen Glück

Es war herrliches Wetter. Die Sonne schien und kaum eine Wolke war am Himmel zu sehen. Kühle Brisen zogen ab und zu auf und erfrischten die Zuschauer, die auf der Tribüne saßen. Ohne diese Brisen wäre es ein sehr schwüler Tag gewesen, kaum erträglich sich körperlich anzustrengen, geschweige denn sich der Sonne so freiwillig auszusetzen. Von überall her hörte man das Geschnatter der Leute, die wetteten, bestaunten und sich jeglicher Gefühle äußerten. Sowie hörte man das rhythmische Atem der Pferde und deren gleichmäßigen Gang.
Es beruhigte Christina, dass Pferde so ruhig waren, das ließ sie selbst gleich viel ruhiger werden. Eben schon hatte sie eine Dressurprüfung der Klasse M als Sieger bewältigt. Wieder einmal, dachte sie. In Deutschland hatte sie so gut wie jedes Turnier als Sieger bewältigt. Es gab keine Konkurrenz mehr für sie. Selbst ihre beiden Pferde waren nur noch halb bei der Sache. Sie hatte Mühe gehabt, ihren goldfarbenen Wallach Almirante bei der Dressurprüfung voranzutreiben. Doch er war Fehlerfrei gelaufen und hatte eine gute Wertnote bekommen. Sie hatten Almirante darauf ihren Vater gegeben, der diesen trocken führen sollte, da sie ihre Stute warm reiten müsse. Er führte ihn zurück zu ihrem Hänger.
Nach dem Warmreiten stand Christina mit ihrer mausgrauen Stute am Eingang. Sie wartete darauf, dass sie aufgerufen wurde. Sie wollte mit ihr an einer Springprüfung, ebenfalls der Klasse M, teilnehmen.
Christina ritt schon seit sie sechs Jahre alt war. Damals hatte sie genau diese Stute bekommen, auf der sie das Reiten lernte. Corazon war eine ruhige aber sehr dominante Stute, was Christina öfters zu fühlen bekam. Ihr Oberarm zierte ein Bluterguss, die Stute hatte beim Ausladen zugeschnappt. Er hatte nun eine undefinierbare Farbe angenommen hatte. Einer ihrer jüngsten Verletzungen.
»Na Püppi, hast du Angst?«, fragte ihr Vater besorgt, der sich nun neben sie gesellte. Er war ein großer Mann, hatte schwarzes Haar und blaue Augen. Sie mochte ihren Vater. Seine Sorge um sie hatte er, seit sie be-gonnen hatte zu reiten. Ihre Mutter hatte sie zum Reiten gebracht, hatte auch Corazon für sie gekauft. Doch er war bei jedem ihrer Turniere als Helfer dabei ... machte ihr Mut.
»Angst? Corazon springt zu gerne, als dass ich Angst haben bräuchte«, antwortet sie ihrem Vater hochmütig. Christina sah ihrem Vater nicht ähnlich. Sie hatte Haar- und Augenfarbe wie ihre Mutter, kastanienbraun. Er blickte sie von der Seite her skeptisch an.
»Wo du Recht hast! Aber denk daran, dass du sie am Oxer ein wenig kürzer nehmen musst«, warnte er. Sie besah sich den Oxer. Er war nicht größer als die anderen auch . . .
»Hey, was ist das den auf dem Boden?« Christina wusste nicht wieso, aber sie hatte den Kopf hängen lassen und blickte in den Sand. Im Sand hatte sie etwas leuchten sehen. Sie stieg von Corazon ab, kniete sich neben ihr Pferd und hob das leuchtende Ding auf. Es war ein Kristall. Er war weiß schien aber fast durchsichtig. Eine Kette war daran befestigt.
»Muss bestimmt jemand verloren haben. Ich sag gleich der –Oh, du wirst aufgerufen! Viel Glück Schatz«, sagte er und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Ihr Vater hatte recht. Sie wurde aufgerufen sich aufzustellen. Wieder mit der alten Leier meldete der Sprecher des Turniers sie an: Christina Cole auf Corazon, sechszehn Jahre jung und somit die jüngste Teilnehmerin an diesem Turnier. Wir kennen sie schon aus der Zeitung, wo sie für Furore sorgte bla bla bla. Christina hörte schon gar nicht mehr hin. Genau die gleiche Ansage hatte der Sprecher auch bei der Dressurprüfung gesagt. Sie band sich schnell den Kristall um den Hals und schwang sich auf Corazons Sattel zurück, schloss ihren Reithelm. Sie trieb ihr Pferd im leichten Trab vorfährst.

Zur gleichen Zeit bahnte sich ein Junge durch die Menge zum Platz. Er war neugierig auf das Mädchen, welches so großartig angekündigt worden war –zum zweiten Mal! Der Junge hatte strohblondes Haar und blaue Augen, hohe Wangenknochen und eine sehr starke Ausstrahlung. Ihm ging so manches durch den Kopf. Zum Beispiel fragte er sich: warum er überhaupt nach Deutschland fliegen musste? Keiner hatte ihn empfangen und einge-weiht wo er suchen sollte. Und warum ausgerechnet auf einem Turnier, wobei er sich doch gar nicht für Sport interessierte? Sein ganzes Leben hatte er bisher in London verbracht, sprach ein paar Brocken Deutsch, aber mehr auch nicht. Sein Onkel wollte, das er diese Sprache erlerne. Auf die letzte Frage wusste er eine Antwort. Er dachte, dass die Möglichkeit größer war es zufinden, wenn viele danach suchten . . . aber genauso gefährlicher war es. Schon über zwei Monate verbrachte er in Deutschland. Er sehnte sich nach seinem London.
Er rümpfte seine feine, kleine Nase als er an der Bande ankam. Der Geruch von Pferd war hier vorne schlimmer, dachte er. Der Junge wand seine volle Aufmerksamkeit dem Mädchen, was nun auf den Platz ritt. Er musste sich gestehen, dass er nicht so mutig wäre, wenn er darüber springen solle. Das Mädchen hatte ihr braunes Haar zu einem Dutt zusammenge-bunden und trug ein schwarzes Jackett. Ihre weiße Reithose sah man nicht an, dass sie schon auf Leder gescheuert hatte. Auch ihre Lederstiefel waren blitzblank poliert. Er fragte sich, ob alle Reiter so eingebildet und penibel seien.
Er erschrak als Christina an ihm vorbei galoppierte und auf den ersten Sprung zuritt. So in Gedankenversunken war er gewesen. Doch war er ge-spannt, was dieses junge Talent so drauf hatte. Man hatte sogar in London mal einen kleinen Bericht über sie gebracht (er hatte sie erkannt, weil sie ihm Fernseher war und sonst nichts anderes gelaufen war).
Sie nahm die Zügel an und ihr Pferd verlängerte seine Schritte. Es setzte an und riss. Auch die weiteren Sprünge rissen beide. Am letzten Sprung –dem Oxer– wollte er sich abwenden. Gewinnen würde sie nach dieser Vor-stellung wohl kaum. Doch Plötzlich krachte es hinter ihm und das Pferd wieherte schrill, bis es wieder an der Bande vorbei raste. Er wandte sich um und sah den gerissenen Sprung und mitten unter den Stangen lag das Mädchen. Entsetzt blickte er auf das Szenario. Sanitäter bargen das Mädchen, sie war bewusstlos. Pfleger versuchten, das erschrockene Tier einzufangen, es gelang ihnen jedoch nicht, weil das Pferd schon längst zum Sprung auf die Zuschauermenge ansetzte. Die Leute schrieen und rannten. Das Pferd landete genau neben ihm. Ohne groß nachgedacht zu haben, hatte der Junge die losen Zügel ergriffen und bang nun darum, nicht von dem Pferd getreten oder weggeschleift zu werden. Heftig zog die Stute am Leder. Er sah das weiße in ihren Augen.
»Na mein Mädchen . . . ist doch alles gut«, mit gutem Zureden gelang es ihm die Stute zu beruhigen. In der zwischen Zeit hatte man das Mädchen auf eine Trage gehievt. Das Mädchen schien das Bewusstsein kurz wieder-erlangt zu haben, denn ihr Vater ging auf den Jungen zu. Er dachte zu-mindest, es müsse ihr Vater sein. Denn niemals wäre er sonst von ihrer Seite gewichen.
»Danke, dass du Corazon eingefangen hast . . . ab hier übernehme ich. Danke noch Mals«, nuschelte er schnell und leise. Er schüttelte ihm geistes-abwesend seine Hand. Der Junge verstand nur die Hälfte von dem was er sagte, aber antworte mit akzentfreien Deutsch: »Hab ich gern gemacht«. Er hatte diese Standartsprüche solange gelernt, weil er nicht wie die meisten Touristen, lächerlich klingen wollte. Der Vater hatte ihm das Pferd ab-genommen und trottete davon.
Der Junge sah noch dem Krankenwagen hinterher und ging danach noch mal zur Unfallstelle. Es war mitten am Tag und niemand hatte mehr Lust an einem freudigen Turnier zuzuschauen wo gerade ein Mädchen in die Klinik gebracht wurde und ein Pferd verängstig in die Menge sprang. Das Turnier wurde auf die Halle verschoben, um die Siegerehrung abzuhalten. Sie war die letzte Reiterin des Tages gewesen.
Bevor er auf den Platz gelassen wurde, musste er einem Crewmitglied beteuern, dass seine ältere Schwester etwas verloren hätte. Als er am Sprung war, kniete er sich nieder und sah den aufgewühlten Sand. Er sah den Kristall und nahm ihn an sich. Er ließ ihn durch die Finger gleiten, er war weiß.
Er wühlte sein Handy aus seine Hosentasche. Unbeirrt wählte er eine Nummer und während es tutete, lief er über den aufgekratzten Hof wo Passanten tratschten und Pfleger die Pferde einluden. Er erblickte das Pferd, welches er eingefangen hatte, das der Vater ihm abgenommen hatte.
»Pat? Hey, was ist los?«, rief ein Mädchen aufgeweckt durch den Hörer. Er antwortete nicht gleich.
»Syd, ich ruf dich später wieder an«, sagte er und legte auf. Pat ging gar nicht auf ihr Protest ein. Beharrlich ging er auf den Jungen zu, der kaum älter als er zu sein schien, der Christinas Pferd einlud. Er hatte sie abge-sattelt und trocken geführt.
»Hallo«, sagte Pat freundlich und ging noch einen Schritt näher auf ihn zu. Der andere Junge sah auf. Er hatte schwarzes Haar, war einen Kopf größer als er und blickte ihn aus blauen Augen an.
»Du bist doch der Junge, der Corazon eingefangen hat oder?« Pat nickte. »Danke, das wird Chris freuen. Cora hat sich nicht verletzt«
»Weißt du wie das passieren konnte«, sagte Pat auf englisch weil er die Vokabel für passieren nicht wusste. Der Junge grinste und redete ohne Probleme auf englisch weiter. Pat konnte Deutsch aussprechen ohne britischen Akzent, weil er viel geübt hatte trotzdem war er nicht der beste Brite der Deutsch konnte.
»Chris ist nicht zum ersten Mal von Pferd in ein Hindernis gefallen«, lachte er bedrückt.
»Gehört das ihr? Ich hab es am Sprung gefunden« Pat hielt ihm den Kristall hin. Er schien verblüfft, nahm es jedoch dankend an und widmete sich nun der Stute, die langsam unruhig zu werden schien. Pat sah ihm noch ein wenig bei der Arbeit zu. Er lud auch einen Goldfarbenen ein. Der Junge erzählte ihm, dass das ihre beiden Toppferde seien. Pat hörte nur halb zu. Wenn der Kristall das war, was er suchte . . . und diese Christina ihn erst heute entdeckt hätte, hätte er ihr unweigerlich Pech gebracht. Er fasste ihr Werdegang auf. Sie war eine Reiterin ohne Konkurrenz. Keiner wollte mehr starten, wenn man wusste, das sie teilnahm. Hatte nur Siege nach Hause gebracht und heute war sie ein Verlierer. Seine Gedanken schweiften ab . . .

Im Krankenhaus wachte Christina auf. Sie hatte starke Schmerzen. Woher so kamen wusste sie nicht, denn es schmerzte überall. Sie fand, dass es beißend nach Desinfektionsmittel roch. Neben ihrem Bett fand sie einen Knopf. Bitter lächelnd drückte sie den Knopf. Sie wusste, dass jetzt eine Menge Pfleger anstürmen würden. Die sollten ihr noch eine Menge Morphin verabreichen, dachte sie und reckte sich in ihrem Bett. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sah sie, dass sich die Tür öffnete. Ihr Vater stand mit ihrem Bruder und einem Arzt im Rahmen. Christina versuchte zu sprechen brachte aber nur ein klägliches Krätzen hervor. Sie empfand ihr Sprechen so als würde man eine Flecks auf der Haut führen.
»Was ist . . . mit Corazon?«, fragte Christina und brach fast in Tränen aus vor Schmerz, welches ihr das Sprechen bereitete. Ihr Bruder Mike saß auf einem Stuhl neben ihr und massierte ihre rechte Hand. Ein paar Strähnen von seinem schwarzen Haar fielen ihm in die Augen. Er blinzelte.
»Ich habe beide versorgt«, antwortete Mike.
»Doktor . . . würden Sie auch frei gegenüber meiner Kinder reden?«, fragte ihr Vater, der an der Wand lehnte, den Arzt, welcher nickte.
»Frau Cole, Sie haben sich mehrere Knochen gebrochen. Ihre linke Hand ist zertrümmert, zwei gebrochene Rippen. Der Oberschenkel war ein offener Bruch. Sie können von Glück reden, dass Sie keine Querschnitts-lähmung erleiden -«, stoppte er als er unterbrochen wurde.
»Werde ich wieder reiten können?«, fragte Christina und blickte in den völlig emotionslosen Ausdruck des Arztes.
»Wahrscheinlich nie wieder so wie früher«
Christina schloss die Augen. Sie hatte so was vermutet. So schnell geht eine furiose Karriere vorbei, dachte sie gallebitter. Aber in den kurzen Sekunden die sie gebraucht hatte um in den Sprung zu fliegen, hatte sie gewusst, das es vorbei war. Sie hatte für das Reiten gelebt und nun würde sie ihre Pferde nie wieder reiten können. Womöglich müsste ihr Vater oder Mike ihr auf das Pferd helfen und sie im Schritt durch das umliegende Ge-lände führen. Sie sah schon die Schlagzeilen.
»Chrissy . . . du wirst schon wieder reiten können. Es braucht nur seine Zeit«, versuchte Mike seine Schwester aufzumuntern.
»Ich werde nun gehen . . .«, sagte der Arzt, zog aber noch eine Spritze auf.
»Gibt es eine Möglichkeit?«, fragte Christina weiter unter geschlossenen Lidern. Er hielt in der Bewegung inne.
»Dass wir eine riskante Operation durchführen, die das Reiten ermöglicht oder aber auch das Gegenteil bewirken könnte? Nein, ich denke nicht« Er spritze das Schmerzmittel und verließ das Zimmer. Christina spürte schon wie schmerzlindernd es war. Das Pochen in ihrer Hand hatte aufgehört.
»Was sollen wir jetzt machen?«, fragte ihr Vater sanft nach.
»Mit den Pferden?«, rief Mike statt Chris entrüstet. Sein Vater nickte. Christina nahm nun ihre Umgeben nur schwach war. Es war nun genauso als würde man Kissen um die Ohren haben und nähert sich einem Objekt so nahe, das er vor den Augen unkenntlich wurde.
»Ich mein nur. Chris, das war ein schwerer Sturz . . . wenn du nie wieder reiten möchtest, kannst . . . wir können jemand nettes finden«
»Verkaufen? Warten wir doch bitte noch etwas ab . . . ich werd ganz sicher wieder gesund. Mike kann Cora und Al reiten«, lallte sie.
»Ach, der Junge der Cora eingefangen hat, den hatte ich später beim Ein-laden getroffen. Er hat mir das gegeben. Gehört das dir?« Mike zog aus seiner Tasche den weißen Kristall. Jetzt schien er wirklich weiß.
»Irgendwie hat er mir kein Glück gebracht«, flüsterte Chris, runzelte die Stirn und schlief ein.

*

Ein paar Tage später in Großbritannien. Pat saß auf dem Fenstersims des Wohnzimmers und blickte in das vernebelte London. Ein Mann im mittleren Alter leistete ihm Gesellschaft. Es war Pats Onkel Jared, der auf dem Flügel des Zimmers Mozart spielte. Pat selbst konnte auch Klavier spielen, doch beschränkte sich sein Können auf Beethoven. Sein Onkel konnte so gut wie alles spielen. Es war ein sehr altes Zimmer. Dunkels Holz rahmten die große Büchersammlung des Onkels. Alte Perserteppiche lagen auf dem mit Mahagoniholz versetzen Parkett. Würde nicht jährlich ein Frühjahrsputz stattfinden würde dieser Raum einem Zimmer Napoleons ähneln, wo sich über Jahrhunderte Staub ablagerte.
Pat las die Glory Times wo ein Artikel über die junge Reiterin drin stand. Er wusste nicht wieso, aber er konnte weder sie noch den Kristall ver-gessen.
»Und, was passiert so in der Welt, außerhalb Londons?«, sagte sein Onkel und sah nicht von seinen Tasten. Gerade spielte er Tschaikowskys Schwanensee.
»Als ich in Deutschland war, ist doch dieser Unfall passiert, von dem ich dir erzählt habe«, erzählte er.
»Ja, ich erinnere mich. Steht etwa was über das Mädchen drin?« Jared sah nun Pat an und ließ trotzdem fleißig seine Finger tanzen.
»Es heißt, dass das Pferd nach dem Unfall eingeschläfert wurde. Chris-tina Cole soll querschnittsgelähmt sein und soll von nun an einem Psycho-logen anvertraut werden, da sie mit dem Verlust allmählich den Verstand verlieren würde«, berichtete Pat tonlos weiter. Nun endlich verstummten Jareds Finger über der Tastatur.
»Oh mein Gott! Das ist ja schrecklich«
»Ich denke nicht, das alles davon wahr ist. Von dem Kristall habe ich dir auch erzählt oder?«
»Nein, hast du ihn denn gefunden?«, sagte Jared
Pats Handy klingelte und er nahm ab. Er achtete nicht auf die fordernden Gesten seines Onkels, mehr zu erzählen.
»Patrick! Du hast dich seit Tagen nicht gemeldet! Was ist los?«, brüllte eine ungehaltene Mädchenstimme wütend.
»Ich hab vielleicht einen Kristall gefunden, deswegen musste ich auch letztens so schnell auflegen«
»Oh ja, das ist wichtig. Wie’s Wetter bei euch?«, fragte sie.
»Nebel . . . du kennst doch London! Und wie findest du die Arktis?«
»Kalt. Vater sucht immer noch nach den Toren. Ich glaube nicht das wir was finden. Grüß Onkelchen von mir«, sagte sie leichthin. Ihre Wut war völlig verblasst.
»Klar. Du Syd . . .«
»Oh oh, das klingt nicht gut, wenn du so anfängst«
»Ich langweile mich ohne dich. Mir schwirren Dinge ihm Kopf rum, wovon ich nicht einmal weiß, was sie bedeuten«, sagte er bedrückt.
»Heißt, das die liebe Sydney kommen und aufräumen muss? Ich werde aber erst so in einem Monat wieder zurück fliegen können«
»Letztens bin ich Zeuge eines Unfalls geworden«, fing Patrick an zu er-zählen und ließ kein Detail aus. Selbst wenn wäre es ihm kaum möglich etwas auszulassen, denn Sydney fragte wie ein systematischer Detektiv nach jeder Einzelheit die er vergessen hatte zu erwähnen. Sie hatte wahrlich zu viele Krimis gelesen.
»Das arme Ding. Fahr doch mit Jared hin und besuch sie. Bestimmt wird sie sich freuen«, redete sie mitleidvoll.
»Sie kennt mich nicht mal!«, argumentierte er.
»Wenn ich im Krankenhaus wäre würde ich mich um jeden Besuch freuen! Keine Widerrede! Du gehst hin! Ich will wissen ob die Glory Times einmal richtig liegt« Sie verabschiedete sich darauf und legte auf. Pat sprang vom Fenstersims und ließ sich quer auf ein altes viktorianische Sofa fallen. Das Holz knarrte unter der Wucht von seinem Gewicht und brachte seinen Ledergürtel am dunkelroten Leder des Sofas zum Quietschen.
»Wie geht’s ihr?«, fraget Jared und klimperte weiter.
»Schöne Grüße« Er wischte seine Frage somit weg. Er redete nicht gern über Syd, lieber mit ihr. Patrick vermisste sie insgeheim. Sie war schon über ein halbes Jahr in der Arktis und ihm kam es vor wie Jahrhunderte, die sie von ihm getrennt war.
»Onkel . . . willst du mit nach Deutschland?«
»Du willst das Mädchen besuchen?« Pat nickte worauf sein Onkel fort-fuhr: »Patrick, wir haben keine Zeit dafür!«
»Zeit! Seit Jahrhunderten haben wir keine Zeit! Wenn es wirklich so wichtig wäre . . . diese Suche, dann hätten unsere Vorgänger nicht ver-gessen zu erwähnen warum wir suchen«, widersprach Pat lauter als er wollte.
»Patrick! Diese Suche dient dazu, nicht so zu enden wie die Wesen, an dem Abend in Salem. Oder hast du Lust auf eine Welt voller Verdam-mten?«
»Syd hatte etwas von Toren gesagt. Müssen wir deswegen diese Kristalle suchen?«, fragte Pat.
»Die Kristalle bringen Glück, das ist das Einzigste was wir über sie wissen. Wir müssen diese Tore schließen. Hörst du mir überhaupt zu?«
Pat schoss das Gespräch mit dem Jungen, der Christina Coles Pferde ein-lud im Kopf rum. Er sagte, sie wäre als erster Linie Sieger gewesen. Den Kristall, denn er nicht kannte trug sie vielleicht das erste Mal bei dem Turnier. Er hatte ihr Pech gebracht.
»Sie bewirken nicht das Gegenteil?«, fragte Pat und zog die Augen-brauen zusammen. Eine Denkfalte entstand.
Jared schüttelte den Kopf.
»Warum ist sie dann vom Pferd gefallen?«, fragte er eher zu sich selbst.
»Menschen fallen von Pferden! Hast du schon mal was von der Gravitation der Erde gehört?«, forschte Jared ein wenig gereizt nach.
»Wie kann jemand nach einer Glanzleistung am selben Tag, dann so ver-sagen? Sie hatte den Kristall erst getragen nachdem sie an der zweiten Prüfung teilnahm! Der Kristall hat ihr Unglück gebacht. Oh Gott!«, schrie Pat fassungslos aus und klatschte sich die Hand an die Stirn.
»Dann ist es der falsche Kristall«, sagte Jared leichthin und ignorierte Patrick jetzt.
»Ich habe diesem Jungen den Kristall gegeben. Er wird ihn ihr bestimmt schon gegeben haben. Wenn er ihr wirklich Pech bringt, dann ist es kein gutes Omen, das der Kristall bei ihr im Krankenhaus ist!«
»Worauf willst du hinaus?«
»Sydney hatte mir schon länger was gesagt über irgendeine Hüterin. Ihr Vater habe es von einem Einwohner, bevor sie direkt in die Arktis flogen. Mir ist es erst jetzt eingefallen. Der Hüter beschützt die Tore! Und der Kristall bringt nur ihr Unglück weil sie womöglich Immun gegen das Glück ist«, plapperte Patrick und versuchte nicht über seine eigene Stimme zu stolpern.
»Das ergibt keinen Sinn . . . wie soll man gegen Glück Immun sein?«
»Weil sie glücklich war! Sie hatte auf grader Linie immer Glück und Erfolg gehabt«, sagte er.
»Ergo: das Mädchen soll die Hüterin sein von dem was wir suchen und unser einziger Hinweis ist, das der Kristall ihr Unglück bringt. Patrick, ich muss dich beglückwünschen, welch ein scharfsinniger Verstand! Wie soll ich es den anderen erklären, deine Theorie?«, fragte Jared und schüttelte seinen Kopf.
»Gar nicht! Ich will darauf hinaus, dass wenn ich recht habe, der Kristall sie töten könnte! Der Kristall hat sie vom Pferd fallen lassen. In der Glory Times heißt es, sie ist querschnittsgelähmt und ihren Verstand verliert. Was würde passieren wenn der Kristall wieder zu ihr findet?«
»Dann könnte sie sterben. Ich ruf die Ministerien in Deutschland an. Sie sollen sie finden und von dem Kristall trennen, wenn sich ihr Zustand ver-schlechtert hat«
»Danke Onkel« Patrick sah nun seinen Onkel hitzig nach dem Telefon suchen. Er wusste nicht, ob er erleichtert oder voller Sorge sein sollte. Viel-leicht wusste sie warum sie die Kristalle und Tore suchen und wozu sie dienten. Er schloss seine Augen und atmete tief durch.

Christina sah aus schwammigen Augen ihren Vater und Mike neben sich sitzen. Sie schnappte förmlich nach Luft, auch war sie fiebrig und das schon seit Tagen. Ihre Augen schwammen und ließen sie kaum noch Konturen er-kennen. Über 40 Grad Celsius Fieber hatte sie. Die Ärzte konnte ihren Zustand nicht erklären. Nach der Notoperation ging es Berg auf mit ihr und nun, kaum einen Tag nach der OP war sie dem Tot so nahe.
Schwach neigte Chris ihren Kopf zu Mike, der ihre Hand in seiner hielt. Sie blickte zu der kleinen Kommode, neben ihrem Bett. Der weiße Kristall der auf ihr lag schien durchsichtig. Das Ding bringt wirklich nur Unheil, fluchte sie im Gedanken. Sie war zu schwach sich zu bewegen. Die Schmerzen betäubten sie. Sie fühlte die Hitze und das Verlangen nach Luft. Ihre Augen waren matt und nur halb geöffnet.
Christina hätte sich am liebsten gewünscht, der Sturz hätte ihr gleich das Genick gebrochen. Denn dann würde sie jetzt nicht so leiden und schmachten nach der dringenden Luft, die ihrer Lungen fernblieb. Alles in ihrem Kopf war weit weg. Ihre Pferde, ihre Familie, ihre Freunde ... alles war weg. Sie dachte nur noch an Luft. Ihre Wunden heilten nicht, sie ver-schlimmerten sich sogar. Die Hand, welche sie sich zertrümmert hatte war entzündet, eiterte und war auf das Doppelte geschwollen. Sie mussten den stützenden Gips abnehmen.
Sie neigte ihren Kopf zum Fenster. Ihr Vater blickte hinaus. Es war ein unverändertes Wetter. Sie wand ihren Blick, denn die Erinnerungen holten sie ein. Sie hatte Angst.
»Mike!«, sagte ihr Vater entsetzt. Mike war von ihrer Seite gewichen, hatte sich den durchsichtigen Kristall geschnappt und das Fenster weit auf-gerissen. Trüb sah Christina seinen wutverzerrten Blick. Seine zur Faust ge-ballte Hand, zeigten weiße Knöchel. Er warf den Kristall aus dem Fenster. Und Christina entfuhr ein tiefer Atemzug. Sie hatte ihre Augen aufgerissen, ihren Brustkorb durch die vollen Lungen gehoben. Zum ersten Mal fühlte sie wie die Luft durch ihre Adern zum Gehirn schossen. Es erfrischte sie, hellte sie wieder auf. Alles in ihr wurde durch das pulsierende Blut ange-trieben. Die Träg- und Taubheit ihrer Muskeln schwand langsam . . . es wurde warm!
»Hast du den Verstand verloren?«, schimpfte ihr Vater mit Mike. Chris-tina blickte wachsam umher. Ihre Lebendigkeit war innerhalb Sekunden wieder in ihr entflammt.
»Was? Es war ein scheußliches Ding, was nicht mal Glück bringt! Sie wird ihn nicht vermissen«, erwidere Mike laut und gestikulierte aus dem Fenster. Chris entfuhr ein Lächeln, ein kleines zärtliches.
»Ich bin nicht sauer . . . aber behalten würde ich ihn trotzdem gern«, sagte Christina und fühlte wie ihre Stimme heißer war. Ihr Vater und Mike wandten sich ihre zu. Ihre Augen weit aufgerissen vor Unglauben, ihre Münder zuckten und standen offen. Völliges Entsetzen machte sich breit.
»Chrissy . . . Kleines«, schluchzte ihre Vater und warf sich auf die Bett-kante. Er blickte sie mit feuchten Augen an.
»Gibt doch ein schönes Geschenk ab, oder?« Mike war wieder auf ihrer linken Seite und streichelte mit dem Daumen ihren Handrücken. Er machte eine Grimasse.
»Wenn du jemanden nicht magst«, antwortete er schließlich. Sie lachten.
Ihr Vater hatte darauf den Arzt geholt. Er solle doch noch mal Christina untersuchen. Der Doktor war überrascht welche positiven Entwicklungen sie gemacht hatte, wo sie doch zuvor fast Tod war. Er maß ihren Puls, sah sich den Computer mit ihren Herzschlägen an und runzelte die Stirn. Er ge-stand, dass er noch nie einen solchen Fall hatte wie sie. Diese wechsel-haften Veränderungen ihres Wohlbefindens und ihrer Genesung. Der Doktor beharrte jedoch auf seinen Wunsch, Christina nicht früher aus dem Krankenhaus zu entlassen. Er misstraute ihrem plötzlichen Wandel.
Christina war froh über den Berg zu sein. Trotzdem hatte sie Mike den Kristall suchen lassen. Er bereitete ihr Unbehagen womöglich zu wissen, dass der Kristall sie fast getötet hätte –und dass nicht das erste Mal! Sie würde den Kristall nie wieder tragen, auch nicht in ihrer Nähe behalten aber behalten wollte sie ihn. Er war eine Erinnerung und eine Warnung für sie zugleich. Die Erinnerung an die Schmerzen und eine Warnung, wie leicht sie hätte sterben können. Wie leicht ihr Leben mit zarten sechszehn Jahren verwirkt gewesen wäre. Welche Gedanken sie kurz vorher hatte . . . diese Hölle, die sie durchlitten hatte und dieser einzige Wunsch, es würde vorbei gehen, egal wie. Es machte ihr noch mehr Angst, dass sie überhaupt solche Erfindung gefühlt hatte. Nie würde sie vergessen.

*

Christinas Gesundheit stieg immer weiter. Ihr Oberschenkelbruch verheilte ausgesprochen schnell, was den Arzt verwunderte. Nur ihre Hand machte ihm Kummer. Die eiternde und nässende Wunde wollte nicht heilen. Ob-wohl der Kristall weg ist, dachte Christina brummig. Jedoch war es ihr ver-gönnt wieder in die Schule zu gehen, nachdem sie volle zwei Monate in der Klinik war. Sie trug einen dicken Gips am Bein, hatte eine Krücke be-kommen und durfte ihren Bruder Mike nötigen, die nässende Wunde an der Hand täglich neu zu bandagieren.
Eine Schwester half Christina in ihre Sachen, welche ihr Vater, ihr vor-beigebracht hatte. Er war fröhlicher den je, als er erfahren hatte, dass sie nach Hause durfte. Dennoch musste sie alle paar Wochen in die Klinik zur Nachuntersuchung.
»Au!«, schrie Chris auf, da die Schwester an ihre zertrümmerte Hand kam, während sie die Hose hochzog.
»Ich denke, es tat dir nicht gut so lange zu liegen«, schnaufte die Schwester erleichtert auf; sie hatte es geschafft die Hose über Christinas Hintern zuziehen.
»Eher meiner Figur!«, stöhnte Chris und knöpfte sich ihre Bluse ein-händig zu. Ihr Blick verfinsterte sich nahezu gleichzeitig mit dem Verlassen der Schwester. Sie ignorierte ihren Bruder, der ins Zimmer kam.
»Paps wartet draußen«
»Hät’ ich mir glatt denken können« Mike verzog das Gesicht. Ihr grimmiger Sarkasmus hatte sein Ziel nicht verfehlt.
»Wieder ganz die Alte, was?«, stellte er fest. Er lehnte an der Tür.
»Hilf mir lieber!«, sagte sie und versuchte sich langsam nach vorne zu humpeln. Am liebsten hätte sie die Krücke aus dem Fenster geworfen und wäre Rollstuhl gefahren.
»Du bist noch widerlicher als früher!« Er legte ihren gesunden Arm um seine Schultern und ging vorsichtigen vorfährst.
»Du wärst genauso verbittert wie ich, wenn du hier zwei Monate fest-sitzt! Dazu bin ich ein Krüppel« Sie blickte verstohlen auf ihre zer-trümmerte Hand.
»Du bist kein Krüppel, Chris. Es braucht eben nur seine Zeit bis du wieder reiten kannst«, sagte Mike aufheiternd.
»Vielleicht hast du Recht . . . hab dich lieb, Bruderherz«, erwiderte sie und einer ihrer Mundwinkel zuckte nach oben.
»Ich dich auch du kleines, arrogantes Monster!« Sie fielen in Gelächter ein.
Trotzdem konnte sie den Gedanken nicht verdrängen, dass sie nie wieder reiten würde. Ihr Bein würde es wahrscheinlich wieder mitmachen können. Ihre Hand womöglich aber nicht. Sie hatte es niemanden gesagt, aber sie hatte kein Gefühl mehr in der Hand, trotz das sie die Hand steif bewegen konnte. Wenn sie kein Gefühl mehr in der Hand hätte, würde sie nie wieder richtig auf ihre Pferde einwirken können.
Christinas Vater half ihr unten vor dem Krankenhaus in den Wagen. Es war ein großer schwarzer Jeep gewesen. Voll mit braunen Matsch bedeckt, von ihren Geländetouren. Sie mochte den Geruch des Leders im Auto. Sie hatte sich an den Pferdegeruch im Jeep gewöhnt, aber fragte sich, wo er blieb. Hatte ihr Vater den Wagen etwa auslüften lassen? Sie verneinte ihre Frage. Ihr schien die Vorstellung, ihr Vater würde den Wagen lüften und dazu mit einer Politur über die Haube polieren unmöglich, wie wenn man sich einen Außerirdischer vorstellte, der bei McDonalds bestellt. Er hatte es die ganzen Jahre über nicht gemacht, also ging sie jetzt auch nicht davon aus.
Die Gegend brauste an ihr vorbei. Bäume verschwammen an ihrem Augen zu Mauern zusammen. Autos schienen Blitzen gleich, die nur kurz aufzuckten und einen Riesenlärm hinterließen. Christina hatte ihren Kopf auf ihre gesunde Hand abgestützt. Sie lehnte an der Scheibe. Müde blickte sie starr irgendwohin. Den Unfall hatte sie in den Sommerferien erlitten, und seit einem Monat hatte die Schule wiederbegonnen. Sie müsse sich in einer neuen Klasse zurecht finden. Der Gedanke quälte sie. Der einzige Ge-danke, der ihr Freude machte war, dass ihr Bruder nur eine Klasse über ihr war. Sie würden sich also immer in den Pausen sehn. Christina hatte erst auf seine Schule gewechselt.
»Was ist los? Du bist sonst nicht so still«, stellte ihr Vater fest. Er hatte vor dem Stall geparkt. Christina wusste nicht warum, aber ihr fröstelte. Sie hatte nicht bemerkt, wohin sie fuhren. Wahrscheinlich, war ihr der Weg zu den Pferden so vertraut, dass sie ihn kaum noch wahr nahm.
»Was wollen wir hier?«, fragte sie schließlich, nachdem sie ihre trockenen Lippen mit der Zungen befeuchtet hatte.
»Ich dachte, du würdest Al und Cora vermissen. Sie jedenfalls haben dich sehr vermisst«
Christina stieß die Wagentür auf und humpelte, so schnell sie konnte, in den Stall. Ihre Stimmung war schon seit längerem im Keller und nun würde ihr Vater eine Therapie mit ihr anfangen. Er glaubte wohl, sie habe nach dem Sturz eine Phobie und würde nie wieder aufs Pferd steigen. Verärgert verfluchte sie ihren Vater. Wie konnte er es wagen, schoss es ihr durch den Kopf. Als sie im Stall war, stellte sie erleichtert fest, dass ihr Vater und Mike ihr nicht folgten. Unbeirrt humpelte sie zu den letzten beiden Boxen. Corazon wieherte ihr mit Almirante um die Wette, entgegen. Sie strich ihren beiden Pferden sanft über die Nasenrücken, als sie sie erreicht hatte. Chris brauchte keine Worte um sich mit ihren Pferden zu verstehen, so auf einander eingespielt waren sie. Anschließend betrat sie jede Box einzeln und untersuchte sie. Sie musste anerkennend zugeben, dass Mike sich her-vorragend um die beiden gekümmert hatte. Es war ein angenehmes Gefühl, den Duft der Pferde einzuatmen und den entspannten Geräusche der schnaubenden und scharrenden Pferde. All dies weckte ihre verdrängte Sehnsucht, selbst wieder schnellst möglich in den Sattel zu kommen. Sie wandte sich von ihnen ab, ging hinaus ins Freie. Ihr wurde schmerzlichst bewusst, dass sie dies nie wieder tun würde können.
»Lasst uns fahren!«, zischte sie ihrem Vater zu, der mit Mike am Wagen lehnte. Aufgebracht knallte sie die Wagentür hinter sich ins Schloss. Ohne Widerworte stieg ihr Vater ein und ließ den Jeep anspringen. Mike stieg ebenfalls ein.
»Haben sie sich gefreut?«, fragte Mike und sah zur Rückbank, wo Chris saß. Christina drehte ihre Kopf nicht vom Fenster weg, sie würdigte ihn nur eines bösen Seitenblicks.
»Ja«, schnaubte sie.
»Und dir?«, fragte der Vater und sah in den Rückspiegel. Er hatte den Wagen angelassen und fuhr nun auf die Hauptstraße zurück.
»Super«, log sie und klang dabei übertrieben glücklich über seine Idee.
Sie überquerten eine Schnellstraße bis sie in die Stadt einbogen.
Christina warf sich einen kleinen Rucksack über die Schulter und stol-zierte anschließend in ihr Zimmer hinauf, während ihr Vater in der Garage parkte. Sie knallte alle Türen absichtlich laut ins Schloss. Vielleicht würde der Krach ihre Mitleid erregenden Gedanken übertönen. Bald gab es keine Türen mehr die sie zuschlagen könnte, da sie in ihrem Zimmer stand. Sie warf nur ihren Rücksack hinein und humpelte ins Wohnzimmer. Den An-blick in ihren Zimmer konnte sie nicht ertragen. Neben ihren Bett standen Fotos von ihr und ihren Pferden. Cora und Al hatte sie sogar in Postergröße hängen. Ein ganzes Regal zierten Rosetten und Pokale. Alles dort drin erinnerte sie an ihre Vergangenheit, mit der sie endlich abschließen wollte. Sie hielt es nicht aus.
Chris schaltete den Fernseher ein, hatte das gegipste Bein auf einem Kissen gelegt und zappte nun durch die Kanäle. Telenovellen über Leute, die auf einem Hof wohnten; Talkshows über Eltern, die sich über den ge-fährlichen Sport ihrer Kinder äußerten und eine Dokumentation über Reiter und Jungreiter.
Nach wenigen Minuten des Guckens, japste Christina nach Luft. Ihr Vater und Mike betraten betreten das Zimmer. Auch sie blickten auf dem Bildschirm. Sie hätte es wissen müssen, tadelte sie sich. Die Dokumentation brachte einen Bericht über sie, Christina Cole. Ein Sprecher präsentierte ihren spektakulären Erfolg mit dem Video ihres ersten Turniers, dass dann mit dem ihres Unfalls überschnitten wurde. Es war ein anderer Eindruck, so unbeteiligt dieses Sturz zu sehen. Welche Empfindungen sie hatte, als sie in den Sprung krachte waren unmöglich zuempfinden, wenn man sich das Video ansah. Es sah so harmlos aus. Cora hatte vor dem Sprung hart abge-bremst und den Kopf gesunken. Sie verlor die Steigbügel und die Zügel aus der Hand. Mit einem hohen Bogen flog sie, mit dem Kopf voran in das Hindernis. Ihr Oberschenkel wurde von den herabfallenden Stangen ge-brochen. Man könnte meinen, Christina würde jeden Moment aus den Trümmern steigen und sich den Sand abklopfen. Sie tat es aber nicht; sie war bewegungslos liegen geblieben. Die Dokumentation verabschiedete sich in die Werbung. Fassungslos blickte Chris auf den Schirm. Es zeigte gerade eine Werbung für Kaffee. Sie schaltete aus.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte ihr Vater vorsichtig. Seine Stimme klang in Christinas Ohren weit entfernt. Ihr Blick wanderte auf den Schrank im Wohnzimmer. Mike hatte den Kristall dort verschlossen; ihr unerreichbar. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass ein Ding Unglück brachte ... jedoch war es ihr passiert, in Form eines Kristalls. Sie hatte ihn doch nur an sich ge-nommen, um Glück zubekommen! War es deshalb?, fragte sie sich. War es ihre Anmaßung, noch mehr Glück zu haben? Oder war der Kristall wirklich ein Talisman mit umgekehrter Wirkung? Ihr war es egal ... passiert war passiert. Sie wusste nur, dass sie ihn nie wieder zu nahe kam.
»Chris?«, tastete Mike nach.
»Was? Ah ja, mir geht’s gut. Ich glaub, ich brauche ein wenig Ruhe«, antwortete sie abwesend.
»Ja Liebes, tu das. Soll Mike oder ich dir noch was bringen?«
»Muss nicht sein«, sagte Christina und stand vom Sofa auf. Benommen stolperte sie zurück in ihr Zimmer. Ihr Kopf stellte sich an wieder einen normalen Gedanken zu fassen. Die Bilder der Dokumentation vermischten sich mit dem ihren. Wie sie Ewigkeiten gebraucht hatte um den Sturz wahr-zunehmen und wie schnell es in Fernsehen ausgesehen hatte. Chris’ zweiter Blick galt ihrem Pferd, beim Sprung. In Corazons Augen spiegelte sich keine Furcht. Sie wusste, weder sie noch ihr Pferd hatten einen Fehler ge-macht. Doch es ging alles schief. Sie hatten die richtigen Abstände und die Hindernisse in einem perfekten Winkel genommen. Doch sie rissen alle.
Christina war an ihrem Zimmer angekommen. Vor der Tür war sie stehen geblieben, ihre Hand verharrte auf der Türklinke. Sie fühlte sich lau. Sie musste eine plötzlich eintretende Übelkeit hinunterschlucken, bevor sie die Klinke hinunter drückte. Jetzt würde sie wieder in das Zimmer voller Er-innerungen gehen. Ihr Zimmer roch nach Leder und Pferd. Alles vertraute Düfte, die sie nie vermissen wollte. In ihrer Grundschule, hatte mal ein Junge gesagt, sie würde nach Pferd riechen. Sie hatte nur gelacht. Für sie war es einer der schönsten Gerüche; frisch gefettetes Leder und ge-striegelte Pferde. Wie oft stand sie bei ihren Pferden und hatte sich, in den wolligen Mähnen, einen tiefen Sog ihres Duftes gegönnt.
Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und vergrub ihr Gesicht in ihr Kissen. Ihr Handy klingelte ab und an. An der Tür klopfte es. Sie wusste nicht, wie lang sie schon so dar lag, jedoch bemerkte sie, dass das Licht in ihrem Zimmer schwand.
»Chrissy!« Ihre Zimmertür sprang auf. Sie wand ihren Kopf nicht vom Kissen. Ihr Bett erbebte, als sich jemand neben sie setzte. Chris stöhnte.
»Was willst du?«, fragte Christina in ihr Kissen.
»Dich besuchen!«, antwortete ein Mädchen und rollte Christina rück um, so dass sie ihr ins Gesicht sah.
»Solche dummen Antworten kannst du dir sparen«, fauchte Chris und bewarf sie mit ihrem Kissen.
»Komm, ich hab Ferien. Ich bin 100 km zu dir gefahren, jetzt erzähl was los ist«
»Hat Mike dich angerufen?«
»Nein, du hast einfach nicht auf meine Anrufe reagiert«, sagte sie ehr-lich.
»Eben lief ein großer Bericht über meine Ferien im Fernsehen« Christina stürzte ihre Lippen und sah schmollend aus dem Fenster, wo es zu regnen begonnen hatte.
»Morgen fängt die Schule auch für dich an, nicht wahr?« Christina nickte und sah ihrer besten Freundin in die Augen. Chris kannte sie schon aus dem Kindergarten. Sie hatte rotblondes Haar, welches ihr in geschmeidigen Locken auf die Schultern fiel und dunkelgrüne Augen. Ihr Gesicht war übersäht mit Sommersprossen. Richtig hieß sie Charlotte.
»Und du magst wieder mitkommen? Charley, dass kann nicht dein Ernst sein!« Aber Charley wurde sie liebevoll von den anderen genannt.
»Ach, jetzt tu nicht so! Du bist froh wenn ich mitkomme, weil’s Morgen dein erster Schultag sein würde« Christina hasste es wenn sie recht hatte. Sie murmelte ihr Einverständnis und warf sich zurück in ihr Kissen, das sie aufgehoben hatte. Ihr behagte die Vorstellung nicht, morgen in die Schule zu humpeln. Sie hasste es, wenn sie in neue Klassen kam. Alle würden sie anstarren. Die Blamage würde jetzt noch schlimmer sein, da die auf Krücken zwei Monate verspätet kam. Sie würden sich wahrscheinlich tot-lachen, da sie von Pferd gefallen war, würden behaupten, sie könne nicht reiten. Christina knirschte mit den Zähnen.
»Würdest du mir helfen?«, fragte Christina und sah ihre Freundin nun wieder an.
»Wobei?«, fragte sie zurück und sah sie liebevoll an. Charley grinste breit.
»Haare, sieht du? Meine müssen gewaschen werden. Das klappt mit der Hand nicht und einhändig kann ich es auch nicht« Chris zeigte mit einer übertriebenen Geste und ihrer gesunden Hand auf ihr Haar, sowie ihrer kaputten, bandagierten Hand.
»Na los! Geh schon. Ich wasch sie dir. Aber hier, sag mal . . . kommt bei dir mal irgendwann was Nettes raus?«, fragte Charley und sah Chris ins Bad verschwinden. Sie hatte nur noch breit gegrinst.
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BeitragThema: Re: Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)   Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1) Icon_minitimeDi März 02, 2010 7:41 pm

2
Auf ein Treffen
Mit Wiederkehr?

Der Wecker klingelte um sechs Uhr morgens. Während Christina sich mühsam aus dem Bett quälte, wälzte sich Charley auf die andere Seite und schnarchte weiter. Sie sah ihr eine Weile zu, wie sie die Decke über den Kopf gezogen hatte, als es geläutete hatte oder wie sie mit lauten Atemzügen zu sabbern begann. Ihr schien nie eine Veränderung an Charley. Immer schon war sie ihre beste Freundin. Seit dem Sandkasten waren sie nicht mehr zu trennen. Auch als Charley 100 km weiter, in ein anderes Bundesland zog, bestand ihre Freundschaft. Sie war ihr insgeheim dankbar, dass sie gekommen war und ihr helfen wollte. Jedoch wusste sie nicht, wie es Charley gelingen sollte sie aufzuheitern.
Christina schlich sich ins Bad und putze sich die Zähne. Ihr Spiegelbild war schon lang nicht mehr gebräunt, hatte nun Augenringe und Schmerzverzogene Mimik. Ihr bang es schon vor der ersten Stunde, die bald beginnen würde. Menschen die sie ansahen als wäre sie nicht von dieser Welt. Sie müsste sich erst wieder einen Namen machen. Doch dieser Name würde durch ihren Unfall geprägt sein.
Sie spritze sich Wasser ins Gesicht. Auch Charley hat den Schlaf über-wunden und war zu ihr getreten. Aus müden Augen sah sie Chris an. Chris überwand sich und brachte ein Lächeln zustande. Sie war wirklich glücklich über ihr Dasein. Sie musste da nicht alleine durch.
Charley half ihr in ihre Klamotten. Als das geschafft war, und Charley selbst angezogen war, gingen sie zum Frühstück. Mike und ihr Vater hatten es schon angerichtet. Die Küche lag gleich neben dem Wohnzimmer, so dass Chris noch einen Blick auf den Schrank werfen konnte, wo der Kristall gut verschlossen lag.

Christina und Charley schlenderten aus dem Sekretariat, auf dem Weg zur Cafeteria. Sie hatten eben nach dem Stundenplan für Chris heraussuchen lassen. Es war eine freundliche Sekretärin gewesen. Hatte nicht auf ihre bandagierte Hand oder ihrer Krücke geachtet. Doch sie ahnte, dass sie Mit-leid erregte.
Nun saßen sie beide an einem Tisch und hatten sich einen heißen Kakao bestellt.
»Chris, du siehst hässlich aus wenn du nicht lachst«, sagte Charley und scheffelte den Schaum des Kakaos auf ihren Löffel. Chris gähnte und sah unbeirrt die vorbeilaufenden Schüler an.
»Hässlich ist relativ und das Lachen ist gerade ausverkauft, kommt erst wieder rein, wenn ich wieder reiten kann«, antwortet Chris schließlich als sie ihren Bruder kommen sah.
»Ich will doch meinen, dass ich mich verhört habe?«, fragte Mike der nun am Tisch stand. Im Schlepptau hatte er drei Jungen, die in seinem Alter zu seinen schienen. Die beiden rechts von ihm (und somit auf Charleys Seite) hatten braunes Haar, dass kurz geschnitten war. Auf Mikes linker Seite stand ein Junge mit blondem Haar und grinste unentwegt Christina an.
»Eher nicht! Sie sagt immer das was sie meint«, warf Charley ein.
»Das wäre aber schade«, sagte der blonde Junge. Mike sah ihn an.
»Oh, ich spreche dich wohl nicht an wenn ich nicht meine Beißerchen zeige?!«, gab sie scharf zurück. Während sich auf Mikes Gesicht ein Lächeln zeigte, verfinsterte sich die Miene des anderen Jungen. Charley brach in Gelächter aus.
»Es klingelt gleich. Lass uns gehen Charley«, herrschte Chris und ging mit ihrer Freundin nach draußen. Sie liefen zu einer Gruppe, die sich vor dem Klassenraum ansammelte, in welcher sie jetzt Physik hätten. Chris be-merkte die abwertenden Blicke der anderen. Ein Mädchen verließ die Gruppe und lief auf die beiden zu. Es war ein kleines Mädchen mit rot-blondem Haar, Sommersprossen und keinem Geschmackssinn. Sie reichte Christina die rechte Hand. Verwundert blickte Chris sie an.
»Du musst Christina Cole sein? Die Neue?«, begrüßte sie und verdeut-lichte ihre Geste, zum Handschlag. Einige Minuten sahen sie einander an.
»Bin ich nicht . . . sie ist es!«, sagte Chris und zeigte mit dem Daumen in Charleys Richtung.
»Hallo, ich bin Charley«, setzte Charley lächelnd ein. »Sie ist immer so zu Fremden«, entschuldigte sie Chris.
»Ist unser Sternchen etwa vom hohen Ross gestiegen?«, sprach jemand hinter dem Mädchen. Während das Mädchen empört herum fuhr und Charley zur Offensive überging, redete der Junge weiter. »Es tut mir Leid. Ich hab vergessen, dass du genau das getan hast«
»In der Tat . . .«, antwortete Chris schließlich und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Jedoch kann ich noch von irgendetwas absteigen. Wenn man sich deine einfältige Art ansieht, wirkst du richtig Mitleid erregend. Du bist schon zu tief um noch weiter abzusteigen. Ich bin zu weit aufgestiegen um diesen Fall, als schwer bedenklich anzusehen. Kümmere dich lieber um deinen Kram, den meiner würde dich zu sehr verwirren«
»Du gehörst nicht zu uns!«
»Hat jemand gesagt, dass ich zu euch gehören will? Wenn bei euch bei dir bedeutet, bin ich nicht sehr erpicht dir Gesellschaft zu leisen . . .«
»Chris!«, rief Mike. Chris sah aus dem Augenwinkel, dass Mike auf sie zu trottete. Der blonde Junge war bei ihm.
»Ah, kommt jetzt dein großer Bruder um dich zu beschützen?«, spottete der Junge.
»Chris! Komm lass uns gehen. Das ist nicht dein Niveau«, sagte Charley und hackte sich unter Chris’ Arm, um sie sanft von der Menge weg zu-schieben.

»Und wie ist deine Klasse so?«, fragte Mike auf dem Parkplatz. Charley, er und Chris warteten bis Herr Cole kam.
»Wundervoll, wenn man bedenkt, dass sie mich für eine oberflächliche Person halten, die nicht reiten kann. Sie verspotten mich, als wäre ich aus irgendeiner Talkshow, mit deren Leben man taktlos umgehen könnte!«, ließ Chris sich aus. »Wer weiß, vielleicht bin ich auch ein kleines, verwöhntes Mädchen, was nun zum ersten Mal die böse, weite Welt sieht«
»Du bist oberflächlich«, sagte Charley.
»Danke. Es ist immer befriedigend festzustellen wie loyal doch Freunde sein können«
»Christina . . .«, sagte Mike.
»Du weißt genau, dass ich dir immer loyal als Freundin sein werde! Was hat dir diese Welt getan, damit du so verdammt zynisch geworden bist?«
»Zynisch, ja?« Chris sah Charley fest in die Augen. Sie wusste das Charlotte recht hatte. Seit dem Unfall war sie deprimierter als je zuvor. Der Unfall gab ihr eine neue Weltansicht. Ihre egozentrische Ader wuchs mit jedem Tag der verging . . . sie würde unausstehlich werden.
»Ah, Sebastian, endlich!«, rief Mike aus und umarmte Sebastian kumpel-haft. Sebastian war der blonde Junge, der am Morgen neben Mike ge-standen hatte. Er hatte wie zuvor ein Strahlen im Gesicht, wenn er Chris an-sah und dass entging ihr nicht.
»Endlich? Ich lass mir doch nicht -«, sagte Sebastian, als Mike ihn los ließ und wurde zugleich unterbrochen.
»Wir speisen heute Abend also zu mehrt?«, hatte Chris ihm das Wort ab-gerissen.
»Wenn ich schon so eingeladen werde, dann sag ich doch nicht nein«
Herr Cole fuhr vor und stoppte das Gespräch. Mike stieg zu seinem Vater, auf dem Beifahrersitz während Sebastian und Charley es sich auf dem Rücksitz bequem machten. Chris stieg als letzte ein.
In der halben Stunde in der sie auf dem Heimweg waren, fing es an zu regnen. Dunkle Wolken hatten sich über sie gelegt und verfinsterte ihre Sicht nach vorne. Obwohl es noch mitten am Tag war, empfand es Chris als würde es Nacht sein. Eine bedrohliche Finsternis überwog das heftige Stürmen. Bäume bogen sich unter dem Gewicht des Windes.
Als sie sicher bei den Coles ankamen, roch Chris, dass ihr Vater bereits Essen gemacht hatte. Es duftete nach aufwendig zubereiteten, würzigen Hähnchen. Herr Coles Spezialität, denn er war von Beruf aus Koch.
Sie nahmen platz. Herr Cole interessierte sich wie es in der Schule gewesen sei. Er war ein fürsorglich und sehr vorrausahnender Vater. Er wusste immer, wenn es eines seiner Kinder schlecht ging.
»Mike, es hatte jemand für dich angerufen. Alexander kommt heute doch nicht vorbei . . .«, sagte Herr Cole.
»Also fällt sportliche Aktivität in frischer Luft wohl aus«, stöhnte Sebastian leise, so dass nur Christina und Mike ihn richtig verstanden. Den sie waren diejenigen die neben ihm saßen. Während Mike sich ein Lachen verkneifen musste, verdrehte Chris die Augen.
»Heute haben richtig viele Leute angerufen. Ungewöhnlich viele, wenn man von der Norm mal absieht« Ihr Vater zog die Brauen kraus und dachte nach. Es machte ihn viel älter, wenn er nachdachte.
»Meine Mutter hat bestimmt gefragt, wann ich wieder nach Hause fahre, nicht wahr?«, fragte Charley, die erahnen konnte, dass ihre Mutter ange-rufen hatte. Herr Cole nickte stumm.
»Da war noch wer. Ich kannte ihn nicht. Er wollte mit euch reden«
»Wie du kanntest ihn nicht?«, fragte Mike.
»Er hatte keinen deutschen Akzent aber er war womöglich Amerikaner oder so was ähnliches«, gab sein Vater zur Antwort.
»War es vielleicht der Junge von damals?«, setzte Mike zu bedenken. Sein Vater sah ihn verständnislos an. »Der damals auf dem Turnier? Der, der Cora eingefangen hat?!«
Das in Gedanken vertiefte Gesicht seines Vaters hellte sich nach dieser Erkenntnis auf. »Gut möglich. Ich hatte ihn kaum wahrgenommen, wegen Chris . . .«, er verstummte.
Chris blieb mitten in der Bewegung stehen. Gerade hatte sie gewollt, ein Stück Tomate zu essen, blieb jedoch mit offenem Mund stumm. Es war ein sehr belangloses Thema, wenn man es als ein Außenstehender betrachtete, jedoch so irrational für sie, dass man es nur streifen musste. Sie hatte es nicht verarbeitet. Wie sollte sie auch?
»Chris, das Leben geht weiter ...«, sagte Sebastian ganz leise und nahm unter dem Tisch vorsichtig ihre Hand. Er drückte sie, rieb sie denn sie waren kalt. Ein Schauder überzog ihren Rücken und eine Gänsehaut bildete sich an ihrem Körper. Ihr schossen die unangenehmen Bilder wieder hoch. Der Sturz, die Schmerzen, das Gefühl nie wieder Reiten zu können, der Kristall. Die Bilder erschienen ihr wie eine flackernde Flamme. Kurz züngelte die Flamme und beruhigte sich. Aber bei ihr schien es nur züngeln zu wollen, wie wenn man dauernd ganz nah bei der Flamme atmen würde.
Sie nahm Charley, die ihr gegenüber saß nicht wahr.
»Was wollte er den?«, fragte Mike. Es schienen Chris wie Stunden die vergingen, aber seine Stimme überzeugte sie, dass es nur wenigen Sekunden gewesen sein müssen, wo sie weggetreten war.
»Nichts bestimmtes. Es war eher eine Nachfrage, ob es hier Kinder mit euren Namen gebe. Er legte auch gleich auf, nachdem er sich erkundigt hatte wie es Chris ging«, sagte ihr Vater nüchtern.
Sie widmeten sich wieder ihrem Essen.
Chris nahm ruckartig ihre Hand von Sebastians, die anfing unter seiner zu schwitzen obwohl seine Hände kalt waren. Das ganze Essen lang ver-suchte sie mit Erfolg ihm nicht in die Augen zu sehen. Ihr war seine An-wesendheit unangenehm. Sie wusste nicht wieso; vielleicht war ihr auch sein Lächeln zuwider, da sie nicht lächeln wollte oder aber sie ... sie dachte nicht weiter. Ihr Gesicht verfinsterte sich zunehmend wenn sie sich dabei ertappte das sie ihren Gedanken an ihn verschwendete. Charley kickte ihr öfters gegen das gesunde Schienbein.

*

Sebastian kam häufiger nach der Schule gleich zu den Coles. Während Charley seit einer Woche abgereist war, erfreute sich nun auch Chris über seinen Besuch (zwar hatte dies länger als zwei Wochen gebraucht um sich zu ändern). Sie wusste nicht wie er es schaffte ihr immer ein Lächeln zu entreisen. Sie wusste es einfach nicht, aber es war ihr auch egal. Sie empfand es besser wieder mit dem Leben anzufangen wie ewig –wie hatte Charley gesagt: »zynisch durch die Welt laufen«?.
Ihr Vater hatte Sebastian wie einen zweiten Sohn aufgenommen. Er blieb auch manchmal zum Abendessen. Chris benahm sich in seiner Nähe auch fast wie immer, aber nur fast. Sie akzeptierte ihn zwar in ihrem Reich aber er war nichts weiter als ein Störenfried, der ihren Seelenbefinden ruinierte. Dennoch wollte sie ihn nicht mehr missen. Er hatte sie erfolgreich aus einem schwarzen See voller Depression und Selbstmitleid gerettet, welche ihre Seele zu ertränken drohte. Obwohl ihre abweisende Art noch erhalten war, erfreute sie sich langsam an den Gesang der Vögel am morgen, die sie zuvor am liebsten jeden morgen aufs Neue hätte erschießen können. Auch trug es dazu bei, dass ihre Hand sich langsam erholte und sie nun auch wieder laufen konnte. Nach langen harten Monaten war das ihr Lohn gewesen, keine Krücken und kaum noch Schmerzen. Es war nun tiefer kalter Winter in dem sie sich ermuntern konnte wieder zu gehen, doch bestand die Gefahr, da ihr Bein noch nicht ganz Leistungsfahrig war, dass sie hinfiel und sich das Bein wieder brach. Daher ging Chris immer auf Nummer sicher, dass ja kein Eis auf der Straße lag die sie begehen wollte. Penibel achtete sie auf jeden ihrer Schritte. Welch eine Paranoia sie doch hatte, schalt sie sich jeden ihrer Schritte.
»Chris, Telefon!«, rief ihr Vater aus der Küche. Er machte Abendessen. Sie beeilte sich um den Anrufer nicht lange warten zu lassen.
»Ja?«, sagte sie freundlich.
»Christina? Christina Cole?«, fragte die Stimme am Telefon. Sie klang nicht alt. Es war eine jugendliche Jungenstimme.
»Ja!«, antworte Chris ein wenig ungehalten.
»Endlich. Immer wenn ich angerufen hatte, ging wer anderes ran«
Chris reagierte nicht darauf.
»Ich wollte mich erkundigen ob du den Kristall noch hast. Den, den du damals auf dem Turnier gefunden hast?«
»Oh, ja. Mir geht’s wunderbar. Kann mittlerweile sogar wieder laufen –danke, der Nachfrage«, überging Chris seine Frage und antwortete sar-kastisch. Sie fand es unhöflich, sich nach einem Schmuckstück zu in-formieren wo man doch wusste, dass der Träger einen Unfall hatte.
»Es tut mir leid. Das wäre meine zweite Frage gewesen!«, verteidigte sich der Junge.
»Ja sicher. Und ich würde morgen bestimmt eine eins plus in Physik schreiben. Zu deiner Frage; ich habe den Kristall noch«
»Ich bin am Wochenende in der Stadt . . . würdest du ihn mir dann geben?«
»Was? Du willst dieses Ding haben?« Es war ihr unklar wie jemand diesen Unglücksbringer haben möchte.
»CHRIS!«, rief Sebastian vom Wohnzimmer aus. »Deine Lieblingsszene willst du doch nicht verpassen oder?«
»Noch da?«, fragte der Junge am Telefon. Wahrscheinlich hatte Chris ihn nicht Sprechen hören während Sebastian die Wände mit seinem Rufen zum Erbeben brachte.
Schweigen.
»Ja . . . ja. Sicher, bin ich noch dran«, sagte Chris ein wenig verwirrter als sie eigentlich klingen wollte.
»Ohh! Jetzt hast du es verpasst. So ein Jammer auch«, rief Sebastian wieder und diesmal mischte sich auch Mike in seinem Kommentar ein; doch ihn verstand Chris nicht.
»Ach, von mir aus kannst du ihn haben!«, gab Chris auf und legte auch den Telefonhörer nieder. Langsam ging sie zu Mike und Sebastian ins Wohnzimmer. Sie ließ sich zwischen die beiden Jungs sinken, die sich bereits herzhaft über ihre Lieblingsstelle ergötzt hatten.
»Und? Was wollte er?«, fragte Mike und wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht. Eine erneute Lachsalve konnte er nicht verhindern nachdem er gesprochen hatte; aber nach vielen tiefen Atemzüge gelang es ihm seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen und fragte nochmals.
»Er wollte den Kristall«
Nun wurde auch Sebastians Interesse geweckt. Er wand sich Christina zu und fragte sie: »Was für ein Kristall?«
»Später . . .«, nuschelte Mike und sah seinen besten Freund flehend an, das Thema fallen zu lassen.
»Nein, ist schon in Ordnung. Er gehört praktisch zur Familie . . . er kann es wissen, wenn er möchte«, gewährte Christina. Sie empfand es für richtig, nun einen weiteren Schritt in die Zukunft zu wagen. Damals versank sie in einem See, doch Sebastian gab ihr Luft zum atmen. Er machte die tiefe Dunkelheit des Sees erträglicher. Doch nun wollte sie wieder an die Oberfläche; Schwimmflügel bekommen um sich oben zu halten. Sie schwor sich, eines Tages auch das Schwimmen zu lernen und aus eigener Kraft wieder ans Ufer zu schwimmen. Nun hoffte sie, dass dieser Akt, mit der Vergangenheit abzuschließen, ihr diese Schwimmflügel ermöglichte.
Chris nickte kurz Mike zu, der gleich darauf den Kristall aus dem Schrank schloss.
»Bevor der Unfall geschah habe ich ihn gefunden. Er lag direkt vor meinen Füßen –ich musste nur noch danach greifen. Ich war damals eine erfolgreiche Turnierreiterin. Ich hatte Talent ... Talent zum gewinnen; und ich habe gewonnen. Während ich ihn mir anlegte ging alles schief. Ich stürzte von Cora ohne erdenklichen, logischen Grund. Wir hatten keine Fehler gemacht. Dieser Kristall brachte mich um, als ich im Krankenhaus lag. Atmen war unmöglichen, während das Ding in meiner Nähe war. Heilen war nicht möglich. Er hatte meine Verletzungen verschlimmert. Ich wäre gestorben, wenn Mike ihn nicht hätte aus dem Fenster geworfen. Ich konnte wieder atmen, als er weg war!«
»Willst du diesem Kristall wirklich so viel Macht zu schreiben?«, fragte Sebastian skeptisch während er den Kristall, den Mike ihm gegeben hatte, in den Fingern wand. Zweifelnd sah er Chris von der Seite her an und schüttelte kaum merklich seinen Kopf.
»Natürlich bin ich mir sicher!«, murmelte Chris und vergrub sich tiefer in die Couch.
»Ich glaube genauso wenig wie du an Übernatürliches oder Magisches, aber dass, was damals passiert ist, kann ich mir beim besten Willen nicht logisch erklären«, ergriff Mike nun Partei.
Sebastian rollte nun den Kristall in seiner Handfläche.
Chris gestand sich, dass sie dieses Kristall nicht weg geben wollte. Er übte zu viel Macht über sie aus. Macht welche sie töten könnte und sie wollte sich nicht ausmalen, was jemand machen könnte, wenn er wüsste, wozu dieser Kristall zu gebrauchen wäre.
»Erstaunlich . . . glaubt ihr, ich dürfte mal ein Ferngespräch führen?«
Mike und Chris nickten gleichzeitig. Sebastian gab den Kristall dankend an Mike zurück und ging in die Küche. Mike verschloss den Kristall wieder.
Nach wenigen Minuten kam auch Sebastian wieder aus der Küche und blickte, ohne einen Ausdruck von Emotionen zu zeigen, Chris an. Sie konnte seinem Blick nicht beschreiben; so starr und verschlüsselt war er. So in seinem Blick vertieft vergas sie sogar das Atmen.
»Chris, du solltest wieder anfangen zu atmen!«, erinnerte Sebastian sie.
»Wohin hast du den telefoniert?«, erkundigte sich Mike.
»Nach London. Ich musste einem guten Familienfreund eine kleine Hilfe zukommen lassen. Ist nicht weiter von Belang. Christina . . . ich wollte dich schon länger etwas fragen«, sagte Sebastian.
Mikes Augen strahlten, als er von Sebastians Gesicht zu Christinas wechselte.
»Was?« Chris wusste nicht ob ihre Frage, auf seine zurückzuführen war oder sie ihn einfach nicht verstanden hatte, da sie in Gedanken versunken war.
»Ich wollte dich fragen, ob du Lust hättest mal mit mir auszugehen? Ich zahle auch«
Mike begann zu kichern und winkte seinem Vater zu, herzukommen und diesem Gespräch zu lauschen.
»Nein . . . ich meine, ja«, antwortete Chris perplex.
»Du musst mir jetzt noch keine Antwort geben. Ich kann warten; sehr lange sogar«
»Ja. Ich möchte . . . mir dir ausgehen« Chris fühlte sich unwohl als sie diese fremden Worte sprach. Es fühlte sich für sie an, wie wenn man Dinge tat die einem in der Moral verletze, sie aber nur tat um andere nicht zu ver-letzten. Eine Notlüge, redete Chris sich ein. Aber auch bei diesem Ge-danken fühlte sie sich unwohl . . . denn in ihrem Inneren, wollte sie wirklich mit ihm ausgehen.

*

Christina blickte in ihr Spiegelbild. Es schien ihr fremd. Das Lächeln, dass sie seit Tagen trug, war der Nebeneffekt von Sebastians Einladung und dieses Lächeln war ihr fremd. Es gehörte nicht zu ihr. Das Glück, welches sie in diesem Moment empfand, schien ihr fehl am Platz. Hatte sie nicht ge-dacht gehabt, sie würde nie wieder glücklich werden? Aber doch wollte sie wieder glücklich werden . . . denn es war ihr Leben, welches sie zurück haben wollte. Ihre kleine zynische Welt wurde ihr gemächlich zu lang-weilig. Doch dieses seltsame Gefühl, was sie beschlich, machte sie traurig. Ihr Herz war noch nicht bereit glücklich zu sein ... nur ihr Kopf.
»Chris! Sebastian ist da!«, rief ihr Vater aus der Küche.
Chris stand auf und öffnete träge ihre Zimmertür und ging in die Küche. Mike und ihr Vater saßen mit Sebastian am Küchentisch. Sebastian trug ein schwarzes Hemd zu einer Jeans. Sie fühlte sich ein wenig unpassend ge-kleidet neben ihm. Chris hatte sich ein knielanges, schwarzes Kleid angezogen und ihre Haare hochgesteckt.
»Du siehst wundervoll aus. Aber so gefällst du mir besser«, sagte Sebastian und mit einer einfachen Handbewegung öffnete er ihr Haar aus der Haarklammer. Sie blickte ihm überrascht in seine blauen Augen. Seine Augen zogen sie in seinen Bann; ein Entrinnen war nicht möglich. Sein Blau war ein helles Azurblau, eine Woge von tiefem Blau der Wellen durchzogen seine Iris. Es war als würde sie am Strand stehen und dem Seegang des Meeres folgen; förmlich die Gischt auf ihrem Gesicht spüren.
»Und, wo hast du vor meine Tochter zu entführen?«, fragte ihr Vater geradewegs heraus.
»Ich entführe doch nicht ihre Tochter, Herr Cole. Was denken Sie von mir? Erst werde ich sie durch den Park geleiten, darauf, wenn Chris Lust hat, noch ins Kino. Am Ende habe ich mir vorgestellt, dass ich sie schön zum Italiener ausführe«, sagte Sebastian und grinste breit über das ganze Gesicht.
»Dann wollen wir euch nicht aufhalten. Eurer Zeitplan scheint kaum Spontanität übrig zu lassen. Viel Spaß«, wünschte Mike und ersparte Chris somit weitere peinliche Minuten.
»Ja, viel Spaß euch beiden«, wünschte auch ihr Vater. Er winkte ihnen nach.

»Irgendwie war mir das gerade peinlich«, gestand Chris und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Ihr fielen mehrere Strähnen ins Gesicht. Sebastian war es, der sie aus dem Gesicht hinters Ohr legte. Ein unangenehmes Ge-fühl beunruhigte sie, als seine Finger ihre Wange zufällig streifte. Unange-nehm aber doch sehnlichst erwünscht. Nie zuvor hatte man ihr so eine zarte Geste geschenkt.
Sie beide schlenderten durch den Park, der etwa 10 Minuten von Haus der Coles entfernt lag. Die Laternen leuchteten mild auf sie hinab. Auch die Springfontänen des Teiches waren hell erleuchtet. Die zierlichen Wellen ereichten das Ufer und berührten ihre Zehen. Aus Jux hatten Sebastian und Chris ihre Füße im Teich baumeln lassen. Es war kalt. Sie fröstelte und Sebastian legte ihr sanft den Arm um die Schulter.
»Gefallen dir die bisherigen Minuten, die du mit mir alleine verbracht hast?«, erkundigte er sich.
»Es ist ungewohnt . . .«, sagte sie die Wahrheit.
»Wie ungewohnt?«, forschte er weiter ruhig nach. Seine Stimme schien ein Raunen.
»Ungewohnt, dass meine Füße im dreckigen Wasser baumeln und Gefahr laufen sich einen Pilz zu holen«, kaschierte sie nun die Tatsache, dass es sie insgeheim freute, endlich allein mit ihm zu sein.
Sebastian musste aus voller Kehle lachen. Sein Arm erbete über ihren Schultern. »Du machst dir sorgen wegen einem Fußpilz? Ich könnte sonst was mit dir anstellen, du könntest dich nicht wehren! Fußpilz!«
»Ich bin eben sehr praktisch veranlagt und denke immer an das Nahe-liegende. Es erscheint mir eben nicht sehr Naheliegend, dass du mich an-fallen könntest«
»Gut, dann wollen wir uns das Adrenalin nicht zu Kopf steigen lassen, in dem Wissen, dass wir etwas gefährliches tun. Komm, lass uns weiter gehen«, sagte Sebastian und zog sich auf die Beine. Er reichte Christina seine Hand. Sie nahm sie lächelnd entgegen.
»Christina . . . ich muss dir etwas sagen«, sprach er nach längerem Schweigen. Sie hatten eine Brücke überquert und standen nun neben einem Busch, wo dahinter ein kleiner Wald anfing. Chris hätte gerne seinen Worten gelauscht, doch das Rascheln im Busch weckte nicht nur ihr Interesse.
Urplötzlich wurde Chris zu Boden gerissen. Es war ein Augenzwinkern; der einzige Moment, wo sie den Busch aus den Augen verlor. Etwas schweres lag auf ihr und wühlte sich mit ihr im Dreck. Sie hörte Fauchen und Zischen, spürte nur die groben Bewegungen desjenigen der auf ihr lag und sie am Bewegen hinderte. Nach einem weiteren Augenzwinkern war der Druck auf ihrer Brust weg . . . weggeschleudert von Sebastian, der mit eisblauen fast weißen Augen vor ihr stand. Er bleckte die Zähne und ent-blößte somit eine Reihe scharfer Reißzähne. Aus seinem Rachen drang ein kehliges Fauchen. Er besah sich des Übeltäters am Boden, sein Kopf zuckte leicht zur Seite. Es benötigte einen weiteren Augenschlag um zu begreifen, was vor ihren Augen geschah.
»Seit wann jagt ihr im Rudel?«, fragte eine männliche Stimme, die Chris-tinas Blick verborgen war. Sie kannte die Stimme, aber konnte sie im Moment nicht zuordnen.
»Ist sie das Mädschen, welsches wir suchen?«, klang nun eine weitere männliche Stimme, mit einem italienischen Akzent. Diese Stimme hatte Chris zuvor noch nicht gehört.
»Argh! Was wollt ihr hier?«, stöhnte Sebastian auf. »Ich schaff das hier auch gut ohne euch!«
»Es tut uns leid, doch wir haben die Aufgabe, auf eusch aufzupassen«
»Ah!«, sagte Sebastian spöttisch.
Die beiden Jungs traten nun aus der Dunkelheit. Jetzt konnte auch Chris sehen, mit wem Sebastian sprach. Es waren beide große Gestallten mit langen schwarzen Umhängen, deren Kapuzen tief ins Gesicht hingen. Es war für Chris so, als stünden nun zwei Männer vor ihr, welcher einer bösen, sadistischen Sekte angehörten.
Der etwas kleiner Junge nickte Sebastian zu und kaum dass Christina ge-blinzelt hatte, war er auch schon weg. Sebastian stürzte sich mit lautem Ge-brüll auf denjenigen, der sie zuvor zu Boden gerissen hatte. Chris konnte wegen der Dunkelheit zwar wenig erkennen, doch machten ihr die Ge-räusche von brechenden Knochen und reißenden Fasern Angst. Sie vergrub ihr Gesicht in der Schulter. Der Anblick war ihr zuwider.
»Ist alles in Ordnung? Hat er dir was getan?«, fragte der Junge mit dem Akzent. Chris wand stockend den Kopf zu ihm. Der Kleiner hatte sich zu Sebastian aufgemacht.
Verwirrt schüttelte sie ihr Kopf. Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht, ihre Augen waren vor Schreck geweitet.
»Ach ja? Und von wem glaubt ihr, hattet ihr den Tipp, wo ihr suchen musstest?«, brüllte Sebastian von weiter weg. Er führte eine heftig, gestikulierende Diskussion mit dem Kleinen. Doch dieser schrie nicht so rasend.
»Mädschen, wie heißt du?«, sagte der Junge bei ihr. Er hatte sich mit einer Hand die Kapuze von Gesicht gezogen um ihr besser in die Augen zu sehen. Er hatte eine gebräunte Haut und dunkle Augen. Er ergriff mit der anderen Hand ihr Kinn und führte so ihr Blickfeld zu ihm.
»Was . . . war . . . das?«, fragte Chris gedehnt.
»Das willst du nischt wissen«
»Sebastian, was bist du?« Chris riss ihr Kinn aus dem Griff des Jungen und blickte Sebastian an. Er war verstummt. »Und was seid ihr?« Sie rappelte sich auf die Beine und hielt sich am Geländer der Brücke fest.
»Wir sollten das an einem anderen Ort bereden«, sagte nun der Kleine. Er strich seine Kapuze nun auch zurück und enthüllte strohblondes Haar.
»Nein, ich will es jetzt wissen«, beharrte Chris.
»Du würdest uns nischt glauben«
»Ich entscheide immer noch selbst, wann ich mich für verrückt erkläre. Und das hier -« Sie breitete die Arme aus, »- das hier, ist wirklich passiert. Nicht einfach ein Traum, den man abtut! Ich will es wissen!«
»Vielleicht sollten wir . . . nach Hause gehen« Sebastian ging auf Chris zu und versuchte nach ihrer Hand zu fassen. Sie weigerte sich.
»Du warst schnell und stark . . . hattest gefaucht und . . . hattest Reiß-zähne. Was bist du? Du bist das gleiche wie er, nicht war?« Chris nickte in die Richtung wo der andere Junge lag; dieser welcher nun zerrissen da lag.
»Ich denke, es wäre ein wenig viel -«, begann der Blonde.
»Und was ihr seid, will ich auch wissen! Eine sardonisch satanistische Sekte, welche es darauf abgesehen hat, so etwas wie ihn zu töten? Das ist verrückt« Christina klang auf einmal mehrere Oktaven höher, sie war den Tränen nah. Doch verbarg sie dies unter ihrer bissigen Zunge.
»Ich beginne«, sagte Sebastian und tat den ersten Schritt. »Ich bin stark und schnell, auch habe ich gefaucht und habe Reißzähne. Dass liegt daran, dass ich ein Vampir bin. Im 14. Jahrhundert geboren. Ich weiß nicht mehr, wie ich zum Vampir wurde aber ich will es auch gar nicht wissen. Es war während der Sonnenfinsternis. Er, der dich angegriffen hat, war auch ein Vampir. Einer der nach Blut dürstet wie andere nach Luft. Als ich letztens bei euch war und du mir den Kristall gezeigt hast, habe ich im Ministerium in England angerufen. Sagen wir so, unser Schöpfer Locnar, hat allen Vampiren zukommen lassen, dass wir den Engländern auf die Nerven gehen sollen. Deswegen sind sie hier. Aber . . . aber es ändert nichts an dem, was ich heute wirklich wollte –mit dir ausgehen. Du bist mir immer noch wichtig, Chris«
»Vampir? Du meinst echt, dass ich dir das abkaufe? Dass du nur mit mir ausgehen wolltest! Geh weg!«, schrie Chris ihn an, als er weiter auf sie zu ging.
»Es scheint wohl so, dass nun wir an der Reihe sind«, sagte der Blonde.
»Wir sind auf der Suche nach den Kristallen und den Toren. Die Tore müssen geschlossen werden, bevor sie sisch wieder öffnen und Unheil über uns bringen«, fuhr sein Begleiter fort. »Unheil, wie dieses welsches deinem Freund wiederfahren ist und vielen anderen Verdammten. Doch können wir diese Tore nur schließen wenn wir die Kristalle finden . . . und dann, kann nur die Hüterin das Unheil abwenden«
»Und die Hüterin haben wir gefunden, wie es aussieht Giacomo«
»Wenn du meinst, mio amico. Isch hätte nur mehr erwartet, als ein Kind«
»Wir sind Schatten, Christina Cole und du bist die Hüterin der Kristalle. Du bist diejenige die wir suchen. Nimm die Worte von ihm nicht so persön-lich, er meint es nicht so«
»Und was wollen Schatten? Folgen Leuten auf denen Licht fällt?«, fragte Chris.
»Nein, wir kümmern uns um die Ordnung im System und haben uns auf die Suche spezialisiert. Nenn uns einfach Schatten«, sagte der Blonde.
»Ha, oder auch faule Säcke die 5000 Jahre gebraucht haben um irgend-etwas zu finden. Ihr solltet mal überlegen ob ihr nicht solche Kurse an-bietet, wo man das Spurenlesen und das Analysieren erlernt. Nur mal als Tipp für die nächsten 5000 Jahre«, schalt Sebastian.
»Belassen wir es dabei, dass wir Schatten sind. Für das erste muss sie nicht mehr wissen«
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BeitragThema: Re: Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)   Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1) Icon_minitimeDi März 02, 2010 7:43 pm

3
Schatten
Schatten sind ständige Begleiter . . . und wenn sie gehen, ist man hilflos

»Wir belassen gar nichts! Nicht solange bis ich irgendetwas verstanden habe«, argumentierte Christina konstant. Sie wollte wissen, verstehen was passiert war. Sebastians Erklärung war ihr nicht genug, auch die von den anderen konnte sie nicht zufrieden stellen. Vampire und Schatten, Tore und Kristalle, diese Dinge klangen in ihren Ohren wie Salami und Nutella zusammen auf einem Brötchen. So unmöglich erklangen ihre Erklärungen für sie, als wären sie so eben aus einem Buch entsprungen. Es musste eine andere Begründungen geben, für das, was passiert war, schloss Christina im Gedanken und wechselte strenge Blicke zwischen den drei Jungs.
»Christina . . . Chris, was hast du nicht verstanden? Wir haben dir doch alles gesagt, was du wissen musst«, sagte der blonde Junge und trat einen Schritt auf Chris zu. Sie hob ihre Hand und trat einen Schritt zurück.
»Nenn mich nicht so!«, fauchte Chris.
»Chris?«
»Ja! Du hast nicht das Recht mich so zu nennen. Ich kenn dich nicht einmal –im Grunde, kenne ich keinen von euch Idioten!« Sebastian zuckte unter ihren Worten zusammen. Schmerz und Enttäuschung lag in seinem Gesicht. Es war wie ein Dolchstoß in die Brust, welches ihr dieser Anblick bereitete, doch so einfach konnte sie es nicht vergessen.
»Du kannst es aufgeben, Vampir. Sie wird disch nie lieben«, teilte nun auch der Italiener Giacomo seine Präsens mit. Sebastians Gesicht hätte tiefrot anlaufen müssen, jedoch wurde sie noch blasser, während er seine Zähne bleckte und tief grollte. Es klang wie ein Hund, welcher nur auf den Befehl wartete zum Angriff überzugehen.
»Patrick, wir sollten gehen«, sagte er weiter.
»Und wo sollen wir hingehen? Zurück zum Ministerium?«, fragte der Blonde namens Patrick.
»Idiota! Wir haben was wir wollten, lass uns zurück in uns’re Länder. Von mir aus können die Engländer die Hüterin haben«
»So feindlich unter Kollegen?«, spottete Sebastian.
»Du hast recht. Wir haben was wir wollten«
Giacomo warf Sebastian einen letzten vernichteten Blick zu und wand sich kurz seinem Kollegen zu. Sie sprachen leise und schnell, sodass Chris nicht die Möglichkeit hatte, etwas zu verstehen. Sie ahnte, dass sie über sie sprachen, sie wie ein Stück Fleisch behandelten und stritten wer sie mit-nehmen würde.
Doch dann blickte Giacomo Chris direkt in die Augen. Sein Blick durchbohrte sie, las sie . . . verstand sie. Chris erschien es, als würde sie ein offenes Buch sein, welches er nach belieben aufklappen und lesen könnte. Sein Blick raubte ihr den Verstand, den Atmen . . . so intensiv sah er sie an. Sie fühlte sich als würde sie an die Wand gedrückt werden. Nach wenigen Sekunden die ihr wie Stunden vorkamen sah sie sein Mitleid . . . sah durch die harte und kalte Fassade, die er aufrecht erhielt. Schmerz und Kummer, lag in seinen Augen. Nach weiteren Sekunden machte er auf dem Absatz kehrt und strich durch den kleinen Wald davon.
Patrick war seinem Blick gefolgt und erfasste Chris’ entblößten Gesichts-ausdruck. Ein insolentes Grinsen breitete sich auf seinem Antlitz aus, seine Augen funkelten. Er schien etwas durchschaut zu haben, jedoch nicht be-reit, etwas von seinem Wissen preiszugeben.
Chris erinnerte sich an dieses Funkeln in den Augen. Sie hatten diesen Blick schon einmal gesehen . . . ihr fiel nur nicht ein, wo es gewesen war.
»Jetzt da dein Freund weg ist, würdest du dann die Freundlichkeit besitzen aufzuhören mich anzustarren?« Sein Grinsen wurde noch breiter. »Was spielt ihr hier?«
»Gar nichts«, sagte Pat und blickte sie jetzt ernsthaft an, alles anmaßende war aus seinem Gesicht gewichen. »Dass, was du hier gesehen hast ist für Giacomo und mich, pure Realität. Alle Geschichten und Legenden die du gehört hast, sind wahr. Wie du siehst existieren Vampire wirklich«
»Aber . . . wie kann das sein? Sebastian?«, fragte Chris und wand sich zum erstenmal wieder direkt an Sebastian.
»Ich weiß nur das, was Locnar uns gesagt hat. Das vor 10.000 Jahren sich die Tore öffneten und Dämonen auf die Erde kamen. Davor war die Seuche mit den Kristallen, die die Menschen verdarben und krank machten. Und irgendwann sind aus den erkrankten Menschen Verdammte geworden –so etwas wie mich. Denk bitte nicht, ich bin der Macht der Kristalle verfallen. Ich wurde infiziert«
»Was für eine Macht haben die Kristalle?«
»Sie bringen den Menschen Glück. Viele betrachten sie als Talismane, Glücksbringer, Amulette mit magischen Kräften, aber sie sind nichts weiter als glücklich machende Kristalle die den Charakter zerstören, worauf man anfälliger ist, denn Krankheiten zu erliegen«, sagte Pat.
»Du hast so einen Kristall, Chris«, sprach Sebastian gedämpft.
»Nein . . . das kann nicht sein. Du meinst den Kristall den ich auf dem Turnier gefunden habe? Nein! Er bringt kein Glück -«
»Er bringt der Hüterin jedoch Unglück«, dozierte Pat. »Ich musste nur eins und eins zusammen zählen. Ein Schatten hatte das Wissen über die Hüterin erlangt und diese Erkenntnis weitergeleitet. Wir müssen ihr dank-bar sein. Denn ohne sie hätte ich dich niemals gefunden«
»Es war doch nur ein Unfall . . .«
»Das war es eben nicht, Chris. Ist es dir nicht komisch vorgekommen, dass es dir besser ging nachdem Mike den Kristall aus dem Fenster ge-worfen hat? Chris . . . es waren deine Wort; dass dich dieses Ding fast um-gebracht hätte!«, trotzte Sebastian und blickte sie flehend an.
»Aber . . . so was ist nicht möglich« Jetzt war es an der Zeit für Chris ihre Fassade von Selbstvertrauen und spöttischer Ansicht fallen zu lassen. Jedes Gefühl was sie bisher abgeschirmt hatte, rammte ihr die imaginäre Mauer ein, welches sie erbaut hatte. Die ersten Tränen für die Un-gläubigkeit entrannen ihr. Sie verstand jedes ihrer Worte . . . aber vor-stellen, konnte sie sie nicht.
»Es ist fast alles möglich, wenn man ein Schatten ist. Schatten leben in einer Welt, die dir und deinen Freunden verwehrt ist. Wir beschützen das System. Normalsterbliche sollen von diesen Dingen, die wir suchen, be-kämpfen und was alles noch, nichts wissen«, redete Pat weiter.
»Man kann Schatten auch als Beschützer der Menschen bezeichnen. Sie sind immer da. Jedes Land hat seine eigenen Schatten«, sagte Sebastian.
»Obwohl wir gerade ziemlich unterbesetzt sind«, ließ Pat mit einfließen.
»Also hat jeder Mensch einen Schatten?«, fragte Chris.
»Kommt darauf an welchen Schatten du meinst, Liebes. Also im Grunde hat jedes Subjekt einen Schatten . . . aber die Schatten, die Jäger nach Dämonen und Verdammten, die Sucher nach den Kristallen und Toren –die, hat nicht jeder. Wir sind für alle da. Wie schützen im Großen und Ganzen, nicht alleine«
»Ich möchte nach Hause . . . und nachdenken. Bitte«, flehte Chris ohne das es ihr bewusst war, dass sie flehte. Während die sich umdrehte und taumelnd ihren Weg nach Hause ging, schossen ihr die Bilder des Abends wieder in den Sinn. Welch ein Wandel es doch genommen hatte? Ein Abend, auf den sie sich schon lange gefreut hatte und nun endetet dieser in einem Fiasko. Ihre arrogante Haltung konnte sie nicht mehr aufrecht er-halten, nicht nachdem was man ihr gesagt hatte, nicht nachdem was die ge-sehen hatte.
»Soll ich dich nach Hause bringen?«, bot Sebastian an und trat in wenigen Sekunden neben sie. Ein erstickter Aufschrei entfloh ihrer Kehle.
»Dass hattest du also gemeint mit ‚anstellen’« Es war eine Feststellung und keine Frage.
»Ja«, antwortete Sebastian knapp. Chris Knie wurden weich.
»Am besten, wir bringen sie beide zurück«, entschied Pat. Chris Beine versagten ihren Dienst und Pat war es, der sie auffing. Er hatte hinter ihr gestanden.

*

Vögel zwitscherten ihren morgendlichen Gesang. Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster. Sie wurden immer wärmer auf der Haut. Christina rollte sich noch ein paar Mal hin und her, bevor sie sich entschloss ihre Lider zu öffnen. Blinzelnd blickte sie durch das Zimmer. Es erstaunte sie wie gleißend hell die Sonne schon war. Sie fragte sich, wie spät sie es wohl haben mögen. Aber das war nicht die Frage, welche sie wirklich belastete. Während sie ihre Glieder streckte und ihre Nackenbänder dehnte ließ sie still den gestrigen Abend Revue passieren.
Waren diese Gestalten gestern wirklich da? War Sebastian tatsächlich ein Vampir?, es schien ihr so phantastisch was sie erlebt hatte. Kristalle, Tore, Hüter, Schatten und Vampire!
Jedoch hatte sie gut geschlafen, was sie seit langem nicht mehr getan hatte. So gewährte sie ihrem Gehirn eine Pause, um die letzten, irrealen Eindrücke zu verarbeiten. Denn letzten Endes musste sie sich gestehen, dass ihr alles ziemlich real vorgekommen war; dennoch war es eine Ge-schichte die so unwirklich wie die Zeit sein konnte –aber auch genauso alt.
Chris atmete tief durch und stand auf. Sie öffnete die Tür und wurde direkt von einer duftenden Welle betäubt, die nach Pfandkuchen roch. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr Magen knurrte. Versöhnend streichelte sie ihren Bauch um ihn zum Schweigen zu bringen.
»Christina!«, stieß ihr Vater überrascht aus und ließ fast die Schale mit dem Teig fallen. Chris wunderte sich warum er so verblüfft war. Am Tisch saßen Mike, der missgelaunt über einer Müslischale gebeugt war und Sebastian, der traurig und niedergeschmettert wirkte.
»Morgen Chrissy. Ich hoffe, wir haben dich nicht geweckt«, sagte ihr eine wohlbekannte Stimme. Lässig schob sich Pat durch den Türrahmen und setzte sich neben Mike auf einen Stuhl. Ein laszives Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Ich war so frei deinen Vater darum zu bitten, heute hier übernachten zu können. Dein Freund hatte mir misstraut und ist auch geblieben«
»Ich hatte mir sorgen gemacht!«, verteidigte sich Sebastian.
Chris zog eine Braue hoch, verdrehte die Augen und ging. »Ich esse in meinem Zimmer«
»Chris, wir müssen reden«, sagte ihr Vater.
Stöhnend wand sie sich und blickte ihren Vater flehend an. »Über was?«
»Darüber, dass du dich gestern entschieden hattest mit mir nach England zukommen«, antwortete Pat und nahm sich einen der fertigen Pfand-kuchen. »Die sind wirklich sehr lecker Herr Cole«
Geistesabwesend nickte ihr Vater.
»Seit wann komme ich mit dir nach England?« Chris sprach das Pronomen wie ein Insekt aus, welches sofort eliminiert werden müsse.
»Seitdem ich den Kristall in meinen Händen halte . . . und es scheint, dass er seit eben durchsichtiger geworden ist« Der Kristall pendelte zwischen seinen Fingern. Erstaunt sah er zu wir das weiß durchsichtig wurde. Chris ahnte was das andeutete. Der Kristall war steuerbar und ent-faltete gerade seine Macht. Ihr wurde ihre damalige Angst bewusst, dass wenn jemand den Kristall hätte. sie womöglich auch umbringen könnte. Sie fühlte wie ihr Nacken schwitzig wurde. Purer Hass bildete sich in ihren Augen. Er hatte sie nun in der Gewalt.
»Du würdest es nicht wagen . . .«, knurrte sie zwischen zusammenge-bissenen Zähnen hindurch.
»Ich wähle nicht!«, zischte Pat ihr ins Ohr, als er sich leicht vorbeugte.
»Was wählst du nicht?«, keifte sie zurück.
»Du bist die Hüterin. Es ist deine Aufgabe, die Tore zu schließen. Also mach es verdammt auch!«, sagte Pat ruhig, leise und bedrohlich. Chris schien es, dass er wütender aus sah wenn er innerlich kochte und nichts da-von nach außen trug.
»Hör damit auf!«, sagte Christina, lehnte sich von Tisch weg, laut. »Ich bin keine Hüterin. Woraus schließt du es?«
»Hüterin von was?«, fragte Mike, der nun nicht mehr konfus in seinem Müsli rumrührte. Auch ihr Vater sah von der Bratpfanne auf. Sebastian seufzte.
»Nicht hier!«
»Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Familie«
»Würdest du aber, wenn du ein Schatten wärst! Hilf mir, Vam-, Sebastian!«
»Chris . . . es gibt Dinge in der Welt der Schatten, die Normalsterbliche nicht wissen sollten. So etwas wie mich. Wenn sie wüssten, was ich bin, würden sie Angst haben –was auch gesünder wäre. Aber Patrick . . . ich bin Chris’ Meinung. Es ist ihre Familie. Du kannst sie nicht anlügen . . . und so weit ich weiß, hat die Einkunft auch Ausnahmen von der Regel«
»Ich glaube, ich kenne die Einkunft besser als du. Aber ja, es gibt Aus-nahmen und das ist keine davon«, schloss Pat und wand sich wieder Chris zu, ignorierte die beiden Zuhörer. »Also, wann hast du vor deine Koffer zu packen? Ich habe den Flug schon gebucht« Er lächelte. Sie empfand ihn als Plage, gestand sich jedoch, dass er ein unwiderstehliches Lächeln hatte.
»Ich. Fliege. Nicht. Nach. London«, sagte Chris jedes einzelne Wort klar und deutlich, so dass er verstehen musste.
»Willst du lieber nach Rom? Zu Giacomo? Zu den Italienern, die so etwas wie deinen Freund hier verfolgten und dort ausgerottet haben? Sie haben alle ausgerottet! Nur noch Schatten leben dort«, donnerte Pat und schlug auf den Tisch.
»Locnar ist ein Italiener! Lüg nicht so rum, du elendes Schattenkind«, stöhnte Sebastian.
»Kein Hang zum Melodramatischen? Hätte ich mir denken können. Okay« Pat stand vom Stuhl auf und ging langsam durch die Küche. Hin und Her. Vor und Zurück. Chris bemerkte eine Denkfalte zwischen seine Brauen.
»Pat!«, fauchte Sebastian, dem Patricks Hin und Her langsam nervös machte.
»Okay, okay . . . Chris, ich bitte dich mit mir nach London zu kom-. Mist, mein Handy«, begann Pat und endete auch wieder. Er kramte sein Handy aus dem tiefsten Winkel seiner hinteren Hosentasche. »Syd!« Pats Gesicht hellte sich um einiges auf. Die stumme Wut von vorhin, wie weg-geblasen.
»Du Trottel! Du wolltest uns etwas wichtiges sagen!«, sagte Sebastian.
»Syd«, sagte Pat nun schwacher. »Du rufst ungelegen an . . . ich wollte der Hüterin gerade -«
»WIR HABEN DAS TOR GEFUNDEN!«, schrie Syd durch den Hörer. Selbst Chris konnte jedes Wort klar hören, obwohl sie einige Meter von Pat entfernt stand.
»Welches?«, fragte Pat und war nun ganz Ohr. Er klang geschäftsmäßig.
»Wir wissen es leider nicht, welches es ist. Vater forscht noch ein wenig. Er kann jedoch die alten Inschriften nicht lesen, daher wird es dauern«, sprach Syd schnell, jedoch immer noch so euphorisch, dass jeder der in der Küche stand nur noch mit ihrer Schnelligkeit mithalten musste, um zu verstehen.
»Ayuuh«, sagte Chris.
»Wie bitte?«, fragte Pat und sah Chris fassungslos an.
»Was hast du eben gesagt, Chris?« Sebastian fragte drängender.
»Ayuuh. Sie wusste den Namen nicht . . . Ayuuh«, wiederholte Chris und sah irritiert drein. Sie ließ es sich nicht anmerken, doch sie hatten keinen blassen Schimmer woher sie den Namen kannte.
»Syd . . . der Name des Tors ist ‚Ayuuh’«
»Weshalb weißt du, wie das Tor heißt?«, fragte Syd.
»Ich sagte doch, ich bin gerade dabei gewesen der Hüterin alles zu erklären, damit wir schnellstmöglich nach London kommen. Leider ist der Flug schon längst weg«
»Welches Tor ist es? Weiß sie wie viele es noch gibt? Was weiß sie?«, trieb Syd.
»Chris . . . woher wusstest du den Namen? Kannst du uns sagen, um welches Tor es sich handelt?«, fragte Pat.
»Ayuuh . . . es öffnet sich als letztes«, instruierte Chris. Sie wusste nicht woher dieses Wissen kam, aber sie wusste es. War sie wirklich die Hüterin?
»Hast du es gehört?«, sprach Pat durch den Hörer.
»Jedes Wort«
»Weißt du auch wo die anderen Tore sind?«
Chris schüttelte den Kopf. »Das bedeutet also, irgendwo in meinem Kopf ist das Wissen von Jahrhunderten?«, fragte Chris und sah Pat direkt in die blauen Augen.
»Es scheint wohl so. Nur du weißt dein Wissen noch nicht richtig einzu-setzen. Syd, ich mach jetzt Schluss. Bitte informiere meinen Onkel über unser beider Erkenntnis« und dann legte er auf. Erstaunt und amüsiert blickte Pat Christina an. Musterte sie, als würde er gerade ein Stück Fleisch kaufen wollen, wüsste aber noch nicht, wie viel er nehmen sollte. Chris hielt seinem Blick stand und versuchte ihm vernichtende Blicke zuzu-werfen.
»Du weißt echt nicht woher -«, begann Sebastian.
»Ich weiß es nicht! Nur schwach kann ich erahnen, was dieser Schatten mir sagen will« Wie zuvor sprach Christina seine Existenz aus, als wäre sie ein Insekt.
»Hat irgendwann mal jemand von euch vor, uns beide auch aufzuklären? Ich zum Beispiel verstehe kein einziges Wort was ihr redet«, sagte nun Mike und blickte Sebastian beschwörend an.
»Es ist besser Mike, wenn Pat euch die Geschichte erzählt. Ich gehe jetzt wohl auch lieber. Pat« Sebastian stand auf und wandte sich nun Pat zu. »Ich muss dich ja nicht an die Einkunft erinnern. Locnar wartet nur darauf, das ihr einen Fehler macht«
»Das Geheimnis ist natürlich gewahrt«, versicherte Pat und nickte.
Und so blickte Chris Sebastian hinterher, wie er etwas zu schnell für Menschenaugen die Küche verließ. Der Dolch in ihrer Brust bewegte sich. Es schmerzte ihn gehen zu sehen.
»Alle 5000 Jahre öffnen sich die Tore. Die Tore sind durch Kristalle ver-schlossen. Wir wissen nicht warum, sie sich lösen, jedoch ist klar, wenn sie sich lösen, dass es an der Zeit ist zu handeln.
Vor 10.000 Jahren war die erste Finsternis, die die Welt zugrunde richtete. Die Kristalle, so einen wie Chris ihn gefunden hat, lösten sich aus den besagten Toren . . . nacheinander. Sternenschauer bewegten die Erde, Menschen besuchten die Einschlaglöcher. Sie fanden die Kristalle vor. Glückbringende Kristalle die die Menschen zu potenziellen Krankheits-überträger machten. Jeder Mensch, der glücklich wurde, wurde zudem auch krank –steckte andere an.
Sebastian ist ein solcher. Zwar erlag er nicht der Macht der Kristalle, dennoch wurde er von einem Menschen angesteckt. Er wurde verwandelt oder erschaffen, wie auch immer man es nennen mag. Christina mag wohl diejenige sein die Sebastian am besten kennt. Er ist ein Vampir; seit dem 14. Jahrhundert einer der Unsterblichen. Wir, Wesen wie ich, nennen sie die Verdammten.
Als sich das erste Tor öffnete, war es eine Mondfinsternis. Sebastian wurde bei einer Sonnenfinsternis erschaffen. Es ist anzunehmen, dass wenn wir es schaffen, dass erste Tor vor der Mondfinsternis zu schließen, dass sich das zweite nicht öffnet. Vor 5000 Jahren, so heißt es, hat ein Mädchen –die Hüterin- die Kristalle gesammelt, die Tore gefunden und sie ver-schlossen. Es ist nicht gewiss, ob es sie wirklich gibt aber zu neunzig Prozent kann ich sagen, dass sich diese Theorie bewahrheitet hat. Denn, wie wir alle eben gehört haben, ist das Wissen über Jahrhunderte nicht verloren gegangen. Das Wissen ist in einer Person vereint; in dir Christina. Du bist unsere Hüterin. Wir hoffen inbrünstig, dass du uns helfen wirst.
Mein Onkel hat sich geweigert mir zu sagen, was passiert wenn sich das letzte Tor öffnet. Er hat mir ohnehin nicht viel gesagt. Ich durfte mir alles selbst zusammen reimen, mit der Hilfe von Giacomo«, sagte Pat und ließ sich auf den nun freien Stuhl nieder, wo zuvor Sebastian gesessen hatte.
»Und was bist du? Immer sprichst du von Plural«, fragte Mike verwirrt.
»Ich bin ein Schatten. Jedes Land hat seine eigenen Ministerien, somit auch seine eigenen Schatten. Wir beschützen die Normalsterblichen vor dem was wir die Dämonen und Verdammten nennen. Von Giacomo habe ich erfahren, dass Dämonen auf die Erde kommen, wenn sich die Tore öffnen. Die Verdammten laufen hier rum wie Sand am Meer. Nein ... ich weiß, was du jetzt fragen willst Mike. Ich mag kein besonders großer Fan von Verdammten sein, aber Sebastian ist, trotz dass er ein Vampir ist, ein guter Kerl. Locnar wird der Vampirvater genannt, er ist eine weit aus schlimmere Gefahr. Jedoch konnte ihm das Ministerium nichts anhängen.
Der Vampir gestern, zum Beispiel der Christina angegriffen hatte, war ein . . . sagen wir, er hat das Abkommen der Einkunft verletzt. Er hatte nach einem Muster gemordet und fünf Jungvampire erschaffen. Er wollte mit ihnen Locnar vernichten, die Einkunft sprengen und das Ministerium auslöschen.
Schatten müssen Abtrünnige beseitigen bevor die Menschenwelt zu viel von unsrer mitbekommt. Allerdings finden es viele lustig, Normalsterb-lichen Hinweise zu geben, was sie sind. Doch unsere Hauptaufgabe ist es, die Tore zu finden. Weil es bald so weit ist, helfen uns nun auch die Ver-dammten bei der Suche. Luchsen Menschen die Kristalle ab und schicken sie in die jeweiligen Ministerien. Das Problem was wir Schatten haben, ist dass wir gerade ziemlich unterbesetzt sind. Ich musste aus London hier nach Deutschland kommen genau wie Giacomo aus Rom anreisen musste. Wenn ich mich nicht ganz irre sind die Deutschen mit Syd zur Arktis ge-fahren um zu suchen«
»Wer sind Giacomo und Syd?«, fragte Chris’ Vater und zog eine Braue hoch.
»Giacomo ist ein Schatten aus dem Ministerium aus Rom und Syd heißt eigentlich Sydney Roberts, ebenfalls ein Schatten. Sie ist auch im Ministerium in London . . . so wie ich. Ihr Vater ist mit ihr in der Arktis ge-fahren um nach den Toren zu suchen. Vielleicht habt ihr ja schon von ihrem Vater Richard J. Roberts gehört. Ist ein berühmter Archäologe« Chris’ Vater nickte stumm bei dem Namen. Es schien in Christinas Augen so als müsste er die Nachrichten verdauen. Auch Mike sah ein wenig grünlich im Gesicht aus. Es wunderte sie, dass sie nicht auch leichenblass oder eine Verfärbung im Gesicht hatte; immerhin war es eine phantastische und schockierende Geschichte gewesen.
»Junge . . . du hast deine Geschichte wirklich sehr überzeugend rüberge-bracht, trotz allem glaube ich dir kein Wort. Und somit wirst du Fräulein nicht nach London reisen!«, entschied ihr Vater und wechselte vom verun-sicherten Anblick zum erzürnten. Mike nickte seinem Vater bestätigend zu.
»Herr Cole . . . es war keine richtige Bitte, dass ich ihre Tochter nach London nehme«, erklärte Pat höflich.
»Und was war es dann? Eine Drohung?«
»Nein, gewiss nicht. Es war eher eine Tatsache, dass sie mitkommt. Sie muss mitkommen –ihr bleibt als Hüterin keine Wahl. Auf deinen Schultern Christina . . .«, sagte Pat nun direkt zu ihr. »lastet eine schwere Bürde. Ent-weder, du bist so egoistisch und dir ist die Welt egal, fällst den Ver-dammten womöglich noch selbst in die Hände oder aber du wendest das Schicksal ab, bewahrst deine Familie und Freunde vor dem was Sebastian widerfahren ist. Es ist deine Entscheidung . . . meine Weste ist weiß!« Er hob die Hände so schutzlos um seine Worte zu unterstreichen. Ein selbstge-fälliges Grinsen breitete sich auf seinem engelsgleichen Gesicht aus. Er schien einen Heiligenschein heraufbeschwören zu wollen. Angewidert wand Chris ihren Blick ab.
»Wenn sie mitgeht . . . wird sie wieder nachhause kommen?« Mike fragte Pat. Chris schoss ein jäher Gedanke durch den Kopf, welchen Mike schon die ganze Zeit erfasst hatte; würde sie je wieder nachhause kommen? Angst beschlich sie. Klar, sie hatte sich noch nicht entschieden, welchen Weg sie gehen würde, aber doch machte ihr die jetzige Erkenntnis Angst, sein Weg könnte der Falsche sein.
»Tjahh. Ich bezweifle, dass Chris ohne einen Schatten an ihrer Seite länger überleben würde. Immerhin hat sie gestern ein Vampir angegriffen. Wenn zufällig keine zwei Schatten und ein anderer Vampir da gewesen wären . . . vielleicht hättest du jetzt schon keine Schwester mehr. Ich will den Teufel aber nicht an die Wand malen. Ich wünsche dir Chris, dass du viele kleine Kinder bekommst und ein erfülltes Leben haben wirst«, sagte Pat höhnisch weiter.
»Aber könnte dann nicht ein . . . Schatten bei ihr bleiben? Wenn sie als Hüterin so wichtig ist?«
»Als Leibgarde? Eher nicht, wie gesagt, wir sind unterbesetzt. Besser wäre sie würde in einem Ministerium Schutz suchen, wo Schatten präsent sind«
»Wenn ich mitgehe, wer bestätigt mir die Sicherheit meiner Familie und Freunde?«, fragte Chris und versuchte Pat nicht in die Augen zu sehen.
»Eine sehr bedeutende Frage. Das kann niemand -«, redete Pat und bohrte sie mit seinem Blick.
»Dann werde ich ni-« Pats Zeigefinger ruhte auf ihren Lippen. Ihre Blicke streiften sich, knisterten. Christina konnte fühlen wie es unter ihren Wangen heißer wurde . . . und sie sah seine Genugtuung.
»Das kann niemand . . . außer der Hüterin, die die Tore schließt und all das Böse abwendet. Den Dämonen und Krankheiten den Eintritt verwehrt«, sprach er weiter.
»Du lässt nicht locker oder?«, fragte Chris als sie sich von seinem Zeige-finger befreite.
»Nein«, sagte er und nahm sein Finger wieder zurück, setzte sich auf den Stuhl und widmete sich seinem Pfandkuchen. »Kalt . . .«, seufzte er.

Das heftige Motoren Geknatter schien in weiter Ferne, während Christina sich in den Lehnstuhl im Flugzeug setzte. Sie hatte heftig mit Patrick streiten müssen um den Platz am Fenster. Pat hatte aufgegeben und überließ den Platz ihr. Mürrisch blickte sie aus dem Fenster.
Sie waren wenige Stunden nach der Diskussion in der Küche aufge-brochen. Chris hatte einen Moment gewählt wo ihr Vater in der Küche stand um das Mittagessen vorzubereiten . . . Mike war in seinem Zimmer Hausaufgaben machen. Es war ein erbärmliches Gefühl seine Familie hintergangen zu haben, einfach abgehauen zu sein. Eins der schlimmsten Dinge war, dass sie für unbestimmte Zeit fort war. Wenn es ihr schlecht ging, könne sie nun nicht einfach mal schnell zu Mike oder zu ihrem Vater. Sie wollte die beiden aber auch nicht anrufen. Der Schmerz und der Verlust war für sie zu groß, als dass sie ihn eingehen wollte ihn noch intensiver zu empfinden.
Chris konnte nichts erkennen. Weder die Konturen der Wolken noch irgendwelche Sterne am Firmament. Alles war dunkel. Sie schenke Pat einen Seitenblick. Er schlief neben ihr auf dem Platz. Sein Kopf war in ihre Richtung geneigt. Obwohl er ein widerlicher Kerl war, hatte er doch ein er-staunliches Aussehen, vom Selbstvertrauen kaum zu schweigen. Sein stroh-blondes Haar schien im gedämmten Licht des Flugabteils im mattem Gold. Die leuchtend blauen Augen waren geschlossen. Sie strahlten jedoch nur von seinem Narzissmus. Schön geschwungene, volle Lippen . . . Chris’ Laune fiel weiter ab, da sie bekennen musste, dass er eine >gute Aussicht< war. Sie schnaubte verächtlich und blickte wieder aus dem Fenster.
Ihr Handy vibrierte in ihrer Hosentasche. Erschrocken wühlte sie danach. Sie hatte ganz vergessen es vor dem Starten auszuschalten. Ihr Gesicht erstarrte während sie den Anrufer auf dem Display sah. Mike versuchte sie schon wieder zu erreichen . . . der Dolch in ihrer Brust drehte sich weiter, wie ein Zeitwerk, dass nicht stillstand.
»Wieder deine Familie?«, fragte Patrick und blieb reglos liegen, wie zu-vor. Seine Augen geschlossen.
»Ich dachte du bist hinüber in das Reich der Träume?«, antwortete Chris mit einer Gegenfrage.
»Hmm . . . ich konnte irgendwie nicht schlafen. Mir war als würde mich jemand beobachten. Wahrscheinlich leide ich an Paranoia. Magst du mir jetzt sagen, wer am Telefon war?«, sagte er ohne jede Ironie. Er hatte nun die Augen aufgeschlagen und sah mit geneigtem Kopf zu ihr hinauf. Seine Augen strahlten wahrlich von Narzissmus.
»Mein Bruder«
»Du willst ihn nicht zurückrufen?«
»Nein, ich denke nicht. Wie lang dauert der Flug noch?«
»Wir dürften bald da sein . . . es wird schon morgen, siehst du?« Pat zeigte mit dem Finger an ihr vorbei. Sie folgte seiner Geste und blickte in den Sonnenaufgang.

»So. Hier wohne ich«, sagte Pat, schulterte das Gepäck und verkniff die Augen vor der hellen Sonne. Vorsichtig folgte Chris ihm. Er öffnete eine schwere Holztür und offenbarte ihr ein Zimmer viktorianischer Zeit. Chris staunte nicht schlecht, über die Verziehrungen und den altertümlichen Möbeln.
»Hier wohnst wirklich du?« Pat musste über ihre Aussage herzhaft lachen.
»Syd hat angerufen . . . ich hoffe für dich, dass dein kleiner Ausflug Er-gebnisse gebracht hat«, rief jemand aus dem Nebenzimmer. Chris schielte durch die Tür, entdeckte aber nur einen schwarzen Flügel welches nah am Fenster stand.
»Ich bin zwar nicht lange ein Schatten, aber Giacomo hättest du mir nicht aufbrummen brauchen!«, rief Pat und ließ das Gepäck auf den Boden fallen. Er schritt vor Chris ins Zimmer, wo der Flügel stand. Sie war verblüfft, als sie die Ohrensessel und all das Antike sah. Ihr war, als würde sie ein Museum besuchen.
»Patrick! Ich hab kein einziges Wort von Syd verstanden am Telefon, so schnell hat sie geredet. Das wichtigste was mich interessiert; hast du den Kristall?«, sagte der Mann ein wenig leiser als zuvor. Er stand mit dem Rücken zu ihr und stöberte gerade durch das Bücherregal, welches eine be-achtliche Sammlung hatte.
»Ich hab noch viel mehr als nur den Kristall, Onkel« Der Mann sah auf und drehte sich zu Pat um. Verwunderung und Unglaube mischte sich in seinem Gesicht mit Neugierde und Belustigung. Sein Blick wanderte weiter zu Christina nachdem er stolz seinen Neffen betrachtet hatte. Er schien hellauf begeistert.
»Ja, nächstes Mal brauchst du Giacomo wirklich nicht. Junge Dame, Sie müssen Miss Cole sein, nicht wahr?« Chris nickte stumm. Pats Onkel kam nun auf direkten Wege auf sie zu um ihr die Hand zu schütteln. Nein, er wollte ihre Hand nicht schütteln, wie Chris feststellte –er gab ihr einen Handkuss. Sie errötete.
Pat verdrehte die Augen und setzte sich auf den Klavierhocker.
»Setz dich, setz dich! Magst du einen Tee? Ich habe ihn gerade erst ge-kocht«
»Bitte keine Umstände«, bat Chris und hörte von Pat ein neckisches Husten, mit einem Unterton, was gesagt hatte: natürlich!
»Patrick . . . deine Liebeleien hin oder her wo ist -«, begann der Onkel, von dem Chris wusste, dass er Jared hieß.
»Sie ist die Hüterin . . . und den Kristall trage ich sicher um meinen Hals« Er grinste über beide Ohren als er seinem Onkel den Kristall zeigte. Der Kristall war mittlerweile wieder weiß geworden, zur Befriedigung Chris’.
»Hast du ihr . . . ?«, begann Jared wieder.
»So gut ich konnte. Leider war Giacomo nicht ganz so erfreut, da Vampire aufgetaucht sind, aber na ja. Ich konnte ihr nur mein Wissen zuteil werden lassen. Du machst den Rest. Hat Syd erwähnt . . . ?«, stellte auch Pat nun eine unbeendete Frage.
»Sie bricht mit ihren Vater morgen auf. Scheint so, dass sie ein Tor ge-funden haben«
»Ja. Sie haben Ayuuh gefunden«, fing Pat an zu berichten. Er ließ keine Einzelheit aus; erwähnte Dinge, die Chris vergessen, verdrängt und nicht beachtet hatte. Sie hörte seiner Geschichte nicht zu; dennoch lauschte sie ihm auf anderer Weise.
Patrick hatte begonnen auf dem Flügel zu spielen. Chris wusste nicht, ob es ein bekanntes Stück oder eines seiner eigenen Werke war. Sie schloss die Augen und folgte dem melodischen Klang. Gleichmäßig und ohne Ver-spielen flogen seine federnden Finger über die Tasten. Der ganze Raum war erfüllt von der traurig klingenden Sonate.
»Wie heißt das Lied?«, fragte Chris und unterbrach Jareds Fragen, die auf Pat eindrangen wie eine Windböe mit der Stärke eines Orkans. Einen kurzen Moment der Irritiertheit, weilten seine Finger stumm auf dem Tasten; fing allerdings auch gleich, mit einem breiten Grinsen im Gesicht an weiterzuspielen.
»Sonata quasi una Fantasia wurde einst von Ludwig van Beethoven komponiert im Jahre 1801. Verfasst für seine ‚unsterbliche Geliebte’ der Gräfin Guilietta Guicciardi. Damals war sie siebzehn Jahre jung und seine Klavierschülern. Aber den meisten ist diese Geschichte nicht bekannt, auch nicht der Name, welchen Beethoven erdacht hatte. Vielbekannter ist der Name Mondscheinsonate«, sagte Pat leise und beendete das Stück.
»Es ist wunderschön«, sagte auch Chris leise. Sie blickte zum Flügel, ließ ihren Blick gleiten und wanderte zu den strahlend blauen Augen. Ein paar goldene Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht und brachten ihn zum blinzeln.
»Pat . . . du meintest, der Kristall ändert seine Farbe, wie genau hast du das gemeint?«, fragte Jared und unterbracht lauter als nötig, die beträcht-liche Stille, die entstanden war.
Pat schaute verdrossen drein. »Der Kristall ist in der Norm weiß . . . er wird aber durchsichtig«
»Wenn er seine ‚Macht’ frei gibt. Er wird durchsichtig, wenn mir etwas passiert«, mengte Chris ein.
»Und warum leuchtet er jetzt silbern?«, forschte Jared.
Es klingelte an der Tür. Jared stand auf und ging zur Tür. Nach wenigen Minuten kam er wieder ins Zimmer. Er trug ein Päckchen.
»Ist von Locnar«, sagte Jared und holte ein Taschenmesser aus seiner Hosentasche. Dazu murmelte er noch etwas von: Vampire heut zu Tage. Luftweg!
Chris musste sich ein Kichern unterdrücken. Pat hatte von alledem nichts mitbekommen. Er widmete sich nun dem zweiten Satz der Mondschein-sonate. Auch hier musste sie sich zusammenreißen. Sie wollte nicht wieder eine peinliche Stille beschwören indem sie seine Klavierkunst beneidete.
Jared holte zischend Luft ein. Pat warf reflexartig den Kopf in seine Richtung.
»Was ist Onkel? Hat er dir leere Blutkonserven geschickt?« Patricks Sarkasmus war herauszuhören.
»Er schickt fünf Kristalle. Es klebt Blut an ihnen« Jared holte einzeln die Anhänger und ihre Kristalle hervor. Es waren andere Kristalle, als der ihrer, denn sie gefunden hatte. Sie waren alle weiß, doch schienen sie nicht die Farbe zu ändern, während der um Pats Hals gleißend hell wurde. Eine unbe-schreibbare Wärme durchströmte den Raum. Schweißperlen liefen ihren Nacken und Rücken hinab. Sie schwitze.
»Würdest du mir bitte meinen Kristall geben?«, fragte Chris. Sie hörte das leise Knirschen des Holzes als Pat von seinem Hocker aufstand. Er warf sich links neben sie auf das Sofa. Streckte lässig die Glieder.
»Nein«, sagte er knapp.
Chris verdrehte die Augen. Sie stützte sich schlagartig auf seinen Ober-schenkel und griff mit der rechten Hand unter sein Hemd. Sie faste nach dem Kristall, ihre Finger umschlossen ihn. Er war heiß. Jäh ließ sie den Kristall wieder los. Chris wunderte sich, dass er Pats Haut nicht versengt hatte, so heiß war er. Ihre Hand war gerötet, nachdem sie sie weggezogen hatte. Es tat weh. Mit geweiteten Augen sah sie in Pats sprachloses Gesicht. Ein ungläubiges Grinsen breitete sich aus. Erst jetzt bemerkte Chris wie nah sie mit ihrer linken Hand an seinem Oberschenkel war. Abrupt setzte sie sich wieder normal hin, bereit sein schelmisches Gerede zu kontern.
»Wolltest du den Kristall oder doch das andere?«
»Das andere wäre bestimmt kaum so heiß wie mein Kristall in meinen Händen«, konterte sie mit schwacher Stimme.
»Heiß? Es sehr kalt geworden hier im Zimmer. Zeig mir deine Hand!«, befahl Pat. Unterdessen versteckte Chris ihre Hand hinter ihrem Rücken. Pat verdrehte die Augen und griff nach ihrer Hand. Sein Griff tat ihr nicht weh, doch war er kräftig genug, wodurch sie sich nicht befreien konnte.
»Es ist nichts . . .«, wich Chris aus und spielte ihre Schmerzen in der rechten Hand hinunter.
»Das nächste Mal . . .«, sagte er in einem bedrohlich ruhigen Ton. »Sagst du mir gleich, wenn der Kristall dir wehtut«
»Aber es ist nichts . . . meine Hand ist nur leicht erhitzt und gerötet«, spielte sie weiter.
»Chris, es bilden sich Brandblasen! Willst du mir etwa erzählen, der Kristall habe deiner Hand nur einen Sonnenbrand gegeben? Sag mir einfach das nächste Mal bescheid« Er ließ ihre Hand frei, blickte seinen Onkel an. Jared stand auf und holte einen Erste-Hilfe-Kasten.
Pat löste in der Zwischenzeit den Anhänger um seinen Hals und nahm die Kette ab. Der Kristall hatte langsam wieder seine alte Farbe ange-nommen; er erglühte nicht mehr silbern. »Du willst ihn wirklich tragen?«, fragte er und sah sie forschend an.
Chris nickte.
Pat beugte sich vor zu Chris. Sie konnte seinen Atem im Nacken spüren als er ihr die Kette umlegte.
»Danke«, raunte Chris und griff nach dem Kristall der nun um ihren Hals baumelte. Er war noch immer warm, pochte in ihrer Hand, als würde er ihrem Griff entwinden wollen.
Pat sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, als er sich von ihr weg beugte. »Warum bedankst du dich?«, fragte Pat und nahm von Jared den Verbandskasten entgegen. Während er sich um ihre Hand kümmerte, konnte sie nicht davon ablassen ihn anzusehen. Seine Frage wollte sie nicht beantworten. Dennoch wusste sie, dass sie ihm eine schuldig war. Warum hatte sie sich bedankt? Er hatte ihr den Kristall, den sie gefunden hatte nur wiedergegeben –sie hätte sich nicht bedanken zu brauchen.
»Wenn du nach oben gehen möchtest . . .? Ich sag dir bescheid, sobald es dann Essen gibt«, sagte Pat ruhig und sah sie an, während er den Verband mit einer Schleife festigte. Es durch fuhr ihr ein leichter Schmerz als er die Schleife festzog.
»Das Haus gehört dir!«, meinte Jared, mit einer offenen Geste. »Ich muss zum Ministerium, wenn ihr mit wollt?«
Pat sah sie weiterhin an. Er zog lediglich eine Braue hoch.
»Nein . . . danke«, antwortete Chris und spürte wie ihr Kopf an den Schläfen begann zu pulsieren.
»Hey, ich habe eine Idee. Warum macht ihr beiden es euch nicht ge-mütlich? Also ich finde den Weg zu den Roberts auch alleine. Chris kann doch eine Runde baden, unterdessen kannst du ja schon mal den Kamin an-zünden« Jared hatte sich beim Sprechen angekleidet und ging nun die Tür hinaus. Er tat sie jedoch gleich wieder öffnen und sagte, er habe Gladstone hineingelassen und verschwand wieder.
»Gladstone! Sag >Hallo< zu unserem Gast« Pat hatte sich in die Hocke niedergelassen und streichelte einen, auf ihn zukommenden, Hund. Toby schleckte Pat die Hände ab. Er war eine weiß-braun gefleckte Bulldogge. Nachdem er Pat ausgiebig begrüßt hatte, wandte er sich nun Chris zu und würdigte Pat keines Blickes mehr. Sie hielt ihm die flache Hand hin, welche er beschnüffelte und als lecker befand, weil er darauf anfing auch ihre Hand abzuschlecken.
»Ihr habt einen Hund? Jared sieht irgendwie nicht nach einem typischen Hundehalter aus«, fragte Chris und konnte sich die Frage selbst be-antworten. Ein Hund in einem Haus bedeutete meistens, dass der Hund einem gehörte der in dem Haus wohnte.
»Wer sagt, dass er nicht mir gehört?«
»Eine Bulldogge? Gladstone ist ein kleiner und unsportlicher Hund. Nein, du und ein Dogge, niemals! Ich würde mir bei dir eher einen Labrador vorstellen«, argumentierte Chris und streichelte ihm hinter seine langen Ohren.
»Bingo! Er gehört nicht uns. Syd wollte unbedingt den Hund aus den Romanen des Conan Doyle und da Familie Roberts momentan in der Arktis verweilt, kümmern wir uns um den Hund. Da du ja von nun an hier wohnst, ist es deine Aufgabe dich um ihn kümmern. Einverstanden?« Pat hielt ihr die Hand hin.
»Nein ... ich werde erst einmal duschen gehen. Wo ist das Bad?«
Pat lief mit ihr nach oben und führte sie zum Bad, gab ihr Handtücher und erklärte, dass ihr Zimmer gleich neben dem Bad rechts sei.
Chris schloss hinter sich ab, stellte die Dusche an und besah sich im Spiegel. Unter ihren Augen war ein angehauchter Schatten, ihre Augen selbst waren träge. Das alles hatte sie doch sehr mitgenommen. Fern von ihrer Heimat, bei fremden Menschen und einem Hund. Als der Spiegel zu beschlagen begann, zog Chris sich aus und sprang unter die Dusche. [ . . . ]

so das war es erst mal ... mehr habe ich nicht geschrieben. und wow es sieht so viel mehr aus .... jedes kap hat bei word ca 20 a5 seiten kaputtlach
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BeitragThema: Re: Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)   Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1) Icon_minitimeMi März 03, 2010 3:25 am

Ich finds gut wie du es hinbekommen hast, Geheimnisvolles mit Alltäglichem zu verbinden. Super Mischung up
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BeitragThema: Re: Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1)   Die Chroniken der Finsternis - Mondfinsternis (R1) Icon_minitimeMo Jun 20, 2011 2:52 am

4
Zurück zu den Wurzeln
Die Maskerade hat einen Grund . . . wie eine Mauer schützt sie. Doch wenn sie bricht, gibt es einen stürmischen See der Emotionen.

Als sie zusammen zu Abend aßen, wurde Chris bewusst, dass sie nicht zuhause war. Jared hatte ihnen etwas vom Griechen mit gebracht, was schon dass erste Heimweh hervorrief. Zuhause hatte immer ihr Vater gekocht und gebacken. Hier müsste sie sich wohl daran gewöhnen, dass es Fast Food gab, weil Jared und Pat nicht kochten.
Sie saßen gemeinsam am Tisch und Chris nahm ihr Essen still zu sich und lauschte. Jared erklärte gerade, dass Schatten in Afrika weitere Kristalle gefunden hatten und die Ministerien nun überlegen wohin mit den ganzen Kristallen. Pat hörte ihm aufmerksam zu, redete jedoch kaum und wenn, waren es eher Geräusche als eine wirklich verständliche Sprache. Wieder etwas, was sie an zuhause erinnerte. Bei ihnen herrschte immer rege Gespräche am Tisch. Sie beobachtete ihn, wie Pat Gladstone etwas unter dem Tisch gab. Ihre Familie hatte einst auch einen Hund gehabt, einen Jack Russel Terrier –er hat nie etwas vom Tisch bekommen.
»Warst du schon mal in London?«, fragte Jared.
»Ich glaube nicht, dass sie dir zuhört oder überhaupt irgendwas mitbekommen hat« Es waren Pats erste richtigen Sätze. Er schaute nicht von seinem Essen auf, als er sprach.
»Wirklich? Mir scheint, dass sie ziemlich aufmerksam ist«
Chris realisierte, dass man das Thema am Tisch gewechselt hatte und nun mit ihr redetet. Sie antwortete hastig: »Wie bitte?«
»Schade, dass wir nicht gewettet haben –ich hätte gewonnen, Onkel«, meinet Pat und sein Onkel seufzte tief.
»Nein. Ich war noch nicht in London und ich habe genug mitbekommen um zu wissen, dass ich keine Ahnung habe, worüber ihr redet«, sagte Chris und erhaschte Pats erstauntes Gesicht.
»Um wie viel hatten wir noch gleich gewettet?«, äußerte sich Jared.
»Bist du das erste Mal alleine unterwegs?«, fragte Pat.
»Mich haben die Pferde eigentlich immer davon abgehalten, alleine irgendwohin zu gehen –für längere Zeit. Und immer wenn ich unterwegs bin, sind meine Pferde meist dabei und Mike und mein Vater . . .«
»Du hast keinen Hunger, was? Ich werde es dir in die Küche stellen, falls du noch Hunger bekommen solltest«, sagte Jared und begann den Tisch abzuräumen. Sie hatte wirklich nichts gegessen. Hatte mit der Gabel darin rumgewühlt, aber gegessen . . .
»Ruf sie doch an«, sagte Pat bevor er sein Glas zu seinen Lippen führte.
»Denkt du wirklich es ist eine so gute Idee?«, fragte sie skeptisch.
»Es ist vielleicht keine Gute, aber so wie ihr auseinander gegangen seid, wäre es besser wenn du sie noch einmal sprichst«
»Klingt so, als hättest du kein Vertrauen in sie, Pat?«, fragte Jared, der sich nun wieder zu ihnen gesellte.
»Du denkst, ich schaff das nicht oder? Toll, da schleppst du mich hier her, mit einer Geschichte, die ich immer noch nicht glaube und denkst ich würde es nicht schaffen. Ich bin nur hier, weil du meintest, ich könnte meiner Familie helfen!«
»Ich glaube daran, dass man alles lieber selbst in die Hand nehmen sollte und man sollte keine Chance verstreichen lassen, in der Hoffnung es würde noch eine aufkommen«
»Wieso braucht ihr mich eigentlich?«, fragte Chris gerade heraus. Sie sah, wie Pat und Jared sich einen langen Blick zuwarfen, mit der Absicht, der jeweils andere würde Reden. Chris war erstaunt. Sie beide verstanden sich sogar ohne das der andere einen Satz beginnen musste. Wie gut sie ihren Vater und ihren Bruder kannte, sogar Charley war ihre Beziehung zueinander nie auf so einem Level gewesen. Sie wusste natürlich, wenn sie Mike besser in Ruhe lassen sollte, aber durch Blicke oder unvollendete Sätze zu wissen, was los war, war nie passiert.
»Wir wissen es nicht«, begann Jared und sah sie entschuldigend an.
»Ihr braucht das was in meinem Kopf ist, oder?«
»Was auch immer in deinem Kopf ist, hilft uns, die Tore zu finden oder gar die Bedeutung von allem zu erfahren [ . . . ]

ich komm iwie nicht weiter kaputtlach
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