Hallo zusammen,
ich dachte mir, ich poste hier dann auch mal eines meiner Werke, an dem ich zusammen mit einer Freundin schon seit über einem Jahr arbeite. Obwohl ich eigentlich vermehrt Fantasy schreibe, handelt es sich hierbei um eine real life-Story, die in Frankreich spielt und von einem jungen, pferdevernarrten Mädchen handelt. Schaut einfach mal rein!
Ehrliche Kritik erwünscht!
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Der junge Mann hinter der Anmeldung lächelte freundlich. Er nahm dem blonden
Mädchen den Zettel ab, studierte ihn gründlich und überreichte ihr dann Unterlagen. „Hier, bitte, ein Plan der Anlage, deine Startnummer und dein Pass. Deine Prüfung beginnt in vier Stunden, sonst steht alles hier drinnen.“ Er deutet auf die dünne Mappe.
Das Mädchen warf ihre langen lockigen Haare zurück und antwortete in schnellem
Franzosisch - ähnlich der Stimme eines jungen Vogels. „Vielen Dank, ich werde
mich dann mal nach den Ställen umsehen.“ Ihr Blick wanderte zu einem Transporter mit der Aufschrift Manége "Le Chevalier"
, wo eine langbeinige Braune festgebunden war, die aufgeregt tänzelte.
Der junge Mann folgte ihrem Blick. „Dein Pferd?“
Das Mädchen schüttelte mit einem Anflug von Wehmut den Kopf. „Leider nein. Ich reite es nur.“ Damit bedankte sie sich noch einmal und verschwand in der Menge der Reiter und Zuschauer...
"Langsam, meine Schöne." Ich hielt Caliente etwas zurück, damit sie sich nicht durch zu hastiges Austeigen verletzte. Vorsichtig lenkte ich die Stute rückwärts aus dem Transporter. Es war ein guter Tag gewesen, im A-Springen hatten wir einen dritten Platz geschafft, das Stilspringen mit einer Wertnote von 8,6 gewonnen. Ich war mehr als zufrieden, ehrlich gesagt war es mehr, als ich mir erhofft hatte. Caliente war wie ein alter Profi über die Hindernisse gegangen und hatte mir mit ihrer Ruhe und Sicherheit die Nervosität genommen.
"Und, wie lief's?" Clement, der oberste Pferdepfleger, kam aus dem Stall, um mir die Stute abzunehmen. Er war erst Mitte zwanzig, lief immer in abgetragenen Jeans und verwaschenen T-Shirts herum, doch es gab kein Pferd, das ich ihm nicht anvertraut hätte. Juliet, die Besitzerin des Hofes, schien ähnlich zu denke, sonst hätte sie ihm wohl kaum einen so verantwortungsvollen Posten übertragen, wo es im Stall wesentlich erfahrenere und ältere Pfleger gab. Es gab keinen, der die Pferde verstand wie er. Es schien, als hätte er seine eigene Geheimsprache, um mit ihnen zu kommunizieren.
Clement brachte Caliente in ihre Box und begann, ihr die Transportgamaschen abzunehmen. Von der anderen Seite des Stallgangs wieherte mir bereits Aviateur, das andere Pferd, das ich reiten durfte, entgegen. Ich trat zu ihm. "Na, mein Junge? Schade, dass du heute zu Hause bleiben musstest. Das Turnier hätte dir gefallen. Na ja, mach dir nichts draus. Beim nächsten Mal bist du wieder fit." Ich warf einen Blick auf sein Bein und stellte erfreut fest, dass die Schwellung zurückgegangen war. Vor ein paar Tagen hatte er sich auf der Koppel eine böse Zerrung geholt und musste deswegen einige Wochen pausieren.
Ich trat wieder zu Clement, der gerade Calientes Boxentür schloss. Die Stute wandte sich mit einem Brummen zu mir um. Ich seufzte. "Weisst du, mein Mädchen, wenn meine Eltern es erlauben würden, würde ich dich vom Fleck weg kaufen. Ich verstehe nicht, wieso sie dagegen sind. Ich verbringe sowieso jeden Tag hier im Stall, und die Schule hat bisher auch nicht darunter gelitten. Und gefährlicher wird es auch nicht, wenn ich ein eigenes Pferd habe." Ich klopfte ihr den Hals, dann wandte ich mich zum Gehen. Kurz warf ich noch einen Blick in den Stutenstall, um nach dem neuen Fohlen, dass vor einigen Tagen geboren worden war, zu sehen. Es war verhältnismässig spät gekommen, die meisten Stuten hatten schon im April gefohlt, Semilly jedoch erst jetzt Ende Juni.
Juni... Das bedeutete Sommer, Ferien, Faulenzen! Und natürlich reiten ohne Ende. Nur noch eine Woche bis zu den Zeugnissen, dann hatte ich ein weiteres Jahr überstanden. Wegen meinen Zensuren brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, ich stand in den meisten Fächern auf eins. Nicht, dass ich mir grosse Mühe gab, ich konnte mir einfach gut Dinge merken.
Im Stall, wo die Schulpferde standen, herrschte um diese Zeit kaum noch Betrieb. Juliet hatte beim Bau der Ställe Wert darauf gelegt, den Reitschulbetrieb streng vom Gestüt zu trennen, weshalb die Schulpferde auch ihren eigenen Stall hatten. Auf dieser Seite des Hofes lagen auch die Reithalle, die Aussenplätze und das Haupthaus. Die Wohnungen der Pfleger befanden sich über dem Stutenstall.
Ich sah rasch nach Walien, dem Pony, auf dem ich reiten gelernt hatte. Er war mir in meiner Zeit hier besonders ans Herz gewachsen, und es war mittlerweile schon fast eine Gewohnheit, zuletzt noch rasch den Kleinen zu begrüssen. Nicht mehr der Jüngste, aber gutmütig und zuverlässig, das perfekte Anfängerpferd. Er döste friedlich in seiner Box. Die Leckerlis legte ich in seinen Trog, da ich ihn nicht stören wollte, und verliess den Stall wieder.