Hier mal der Anfang:#
Mordspromi
„Kimba! Komm!“ ich rufe meine eigenwillige Hundedame, ihres Zeichens eine Promenadenmischung aus Labrador, Königspudel, Berner Sennenhund und einem Afghanen, nun schon seit gefühlten 10 Stunden. Und, siehe da, sie kommt! Das achte Weltwunder. „Na mach schon!“ Sie kommt hechelnd und mit treu-doof blickenden Augen auf mich zu gestürzt. Ich lege ihr die gute Designer-Leine an und weg sind wir. Aber diese Hundewiese hier ist wirklich gut. Jeden Morgen, bevor wir zusammen ins Büro fahren, gehen wir hier für 30min hin. Jetzt springt Kimba mit einem gekonnten Sprung in meine hellblaue Klapperkiste und platziert sich auf dem Beifahrersitz, wo auch schon Uschi, ihr Lieblingsspielzeug, wartet. Auch ich setzte mich mit so viel Schwung ins Auto, dass ich das Gefühl habe, sie fliegt gleich um. Ich stecke den Zündschlüssel, drehe die Musik auf volle Pulle und fahre gut gelaunt los. Kimba fängt sofort begeistert an, auf Uschi, dem Gummiball rumzukauen. Ich singe währenddessen lauthals zur Musik mit.
„Raus! Süße, wir nehmen Uschi doch mit rein! Drinnen wartet schließlich dein Körbchen und das Futter… Und Maltes Leckerli!“ Es kostet einige Überredungskunst, meine (peinlich!) komplett unerzogene Kimba aus dem Auto und somit weg von Uschi, zu bugsieren. Aber irgendwann gelingt es mir dann doch. „Guten Morgen Pauline!“ begrüßt mich mein Arbeitskollege Malte (der mit den Leckerlis) eifrig. „Guten Mor…“ Sofort unterbricht er mich wieder. „Wir haben einen Toten.“ Oh, das ist zwar in meinem Beruf nichts ungewöhnliches, aber doof ist es trotzdem immer wieder. „Baumstraße 12. Ein gewisser… Arthur Koller. Am besten, du fährst gleich mal hin, Kimba bleibt solange bei mir. Die Spurensicherung und die Pathologie sind schon da. „Alles Klar, mach ich.“ Enttäuscht, dass sie nicht mit kommen darf (na ja, Hunde zerstören nun mal den Tatort!) springt Kimba ab und platziert sich in ihrem Körbchen. Ich setze mich wieder ins Auto und beschließe, mir unterwegs ein Brötchen zu holen. Ich höre noch, wie Malte versucht, Kimba sein Leckerli anzudrehen, aber wenn die einmal enttäuscht ist…
„Mist! Rot!“ Nachdem ich mir bei meinem Lieblingsbäcker ein (vegetarisches!) belegtes Brötchen geholt habe und jetzt zum dritten mal in Folge rot habe, wird die Zeit langsam schon knapp. Als grün wird und der vordere Autofahrer träumt, fange ich an, wie wild zu hupen. Tatsächlich fährt er jetzt los. Allerdings habe ich das Gefühl, von den Passanten komisch angeguckt zu werden. Ich will ja wirklich nicht wissen, wie ich mit lauter Brötchenkrümeln, einem hochrotem Kopf und hupend aussehe! „Baumgartenstraße! … 11, 13, 12!“ Nach längerem Suchen habe ich die Baumgartenstraße 12 nun gefunden und stehe vor … einer wahnsinnig pompösen Villa. Als erstes ein riesiges Tor, dass dem Besucher den Einblick in den Garten fast verwährt und mit einer Sprechanlage ausgestattet ist. Dieses Tor steht allerdings offen. Gespannt auf den Garten gehe ich durch und… was soll ich sagen: Ein riesiger Teich, bestimmt mit Koi- Karpfen. Rundherum perfekte Blumenbeete, Hecken, wunderbar geschnitten, eine große Hollywoodschaukel… WOW! Viel lieber würde ich mir noch die Terrasse angucken, statt den Toten. Aber das ist mein Beruf. Also gehe ich durch die große Holztür, die komplett offen steht. Drinnen erwartet mich ein völlig aufgelöster Mann, der, wie er mir erzählt, hier der Gärtner ist, na ja, war. „Guten Tag, mein Name Hantes, Kripo.“ Stelle ich mich dem Herren vor und halte meinen Ausweis raus. „Ich bin Winfried Tasse, der Gärtner. Das ist ja alles so schrecklich…!“ schon wieder fängt er an, wild rum zu heulen, doch die Befragung muss ich trotzdem fortführen. „Waren sie der Einzigste Bedienstete von Herrn Koller?“ forsche ich nach. Dieser Name scheint seinen ohnehin schon schwachen Nerven gar nicht gut zu tun, denn jetzt fängt der Kerl so laut an zu heulen, dass mir die Ohren schmerzen. Nach gefühlten 10 Stunden hat er sich wieder gefangen und gibt mir Antwort: „Mmh. Hmpf. Ja, also … mmh. Nur ich.“ stottert er mit zittriger Stimme vor sich hin. Komisch. Warum ist der Kerl nur so unsicher? Ist es, weil er so durch den Wind ist oder verbirgt er etwas? „Ich werde sie morgen noch einmal befragen. Beruhigen sie sich erst mal.“ weg bin ich. In den oberen Stock. „Pauline, wo hast du so lange gesteckt?“ die Pathologin guckt mich empört an. Was für eine tolle Begrüßung! „Ich hab diesen eigenartigen Bediensteten befragt. Und?“ ich gucke sie fragend an. „Der Tote ist mit diesem…“ Jetzt guckt sie angeekelt auf einen Bohrer! „Mit diesem Bohrer ermordet worden. Sehr brutal. Der oder die Täterin muss viel Kraft gehabt haben und sehr wütend gewesen sein.“ Empört und angewidert sehe ich mir den Leichnam an. „Oh Gott. Und die Tatzeit?“ Anja (das ist die Pathologin) guckt abwechselnd zur Leiche und zu mir. „Lässt sich jetzt noch nicht sagen. Ich ruf dich morgen an.“ „Gut, mach das. Bis dahin.“ ich winke noch einmal und begebe mich dann schnellstmöglich wieder zu meiner Kimba ins Büro. Im Auto lasse ich mir das ganze noch einmal durch den Kopf gehen: Was war das für ein Mensch? Wie konnte man ihn so hassen, dass man ihn so brutal ermordet? Und was hat dieser eigenartige Gärtner zu verbergen? Es ist immer wieder der Anfang eines Falls, der mir besonders viele Rätsel aufstellt. Also, an die Arbeit! Gesagt, getan. Sobald ich im Büro angekommen war und meine (nun nicht mehr hoch beleidigte, sondern hoch erfreute) Kimba mich abgeschleckt hat, setze ich mich sofort an den Computer und erforsche diesen Arthur Koller. Nach einiger Zeit stoße ich auf eine interessante brasilianische Internetseite, die ich mir vom Computer binnen 10 Minuten in perfektes Deutsch übersetzen lasse. „Da haben wir es doch!“ wispere ich vor mich hin. „Arthur Koller, Geschäftsführer einer gigantischen Sojafarm in Brasilien, einer weiteren in Peru.“ Der Kerl liefert, ich meine, lieferte Unmengen von Soja jedes Jahr in die ganze Welt. Wahnsinn, der hatte total viele Feinde, gerade von den Einheimischen. Der hat denen alles weggenommen. Die Umwelt, das letzte bisschen saubere Wasser, was sie noch hatten, die armen Leute sitzen dort ohne ihre gewohnte, traumhafte Natur und der ihr Leben ist ziemlich doof, nur weil da so ein Deutscher ankommt und das ganz große Geld machen will. Weil der mir jetzt schon so unsympathisch ist, will ich seinen Mörder ganz schnell finden. Ganz schnell. Arthur Koller hatte zwar sehr viele Feinde, aber eben sehr viele arme Brasilianer und Peruaner. Die schließe ich jetzt schon aus, wie sollen die denn nach Deutschland kommen? Um en wenig auf klare Gedanken zu kommen, beschließe ich, mit Kimba kurz eine Runde rauszugehen. „Kimba, Süße! Komm! Wir gehen eine Runde raus!“ Begeistert springt mein Hund mit raushängender Zunge aus seinem knallroten Körbchen mit Fischgräten darauf (jaaa… das ist eins für Katzen, ich weiß…) und springt mich an. „Na, will da jemand etwa die Arbeit schwänzen?“ kommt mein Kollege um die Ecke. Der mit seiner Überprüferei immer. „ja, was sonst?!“ Ich grinse ihn an und lege Kimba dabei die Gassi-geh-Leine, eine mit Knochen darauf, an. „Ja, ich hab verstanden. Ich bin grad überflüssig. Ich sitze am PC, falls du mich suchst.“ Ja, das ist er eben, Malte. Manchmal (das istjetzt untertrieben…) kann er echt nervig sein, im Grunde ist er aber der beste Kollege, den man sich wünschen kann. Es kommt nämlich nicht selten vor, dass er mir die halbe Arbeit im Sinne von „ach, mir war grad mal langweilig“ übernimmt. O, wenn er das jetzt hören würde, würde ich puder, nein knallrot anlaufen, aber er hört’s ja nicht. Stimmt, ich wollte wegen der Arbeit überlegen, fällt es mir dann ein, als ich beim Über-die-Straße-gehen fast einen völlig mit Akten überladenen Mann anremple. Weil ich dann Kimba ausversehen trete, jault die laut auf und reist mich dann wirklich aus meinen Gedanken. Sofort, als wir auf der anderen Seite sind, muss unbedingt geschnuppert werden. Doch der feinen Dame scheinen hier zu viele Rüden hingepinkelt zu haben, denn sie macht einen eigenartigen Anblick, als sie weitergeht. Also, wo war ich stehen geblieben? Also, der Tote war steinreich, weil er so und so schon armen Menschen das Leben zur Hölle gemacht hat. So hatte er verdammt viele Feinde, aber die armen Einheimischen kann ich ausschließen. Er muss also auch hier in Deutschland welche gehabt haben, die ihm das Leben zur Hölle machen wollten. Aber wen? Am besten, mache ich mich darüber mal schlau und frage mal die Nachbarn, den Gärtner befrage ich ja erst morgen. Nachdem Kimba also noch an etlichen Stellen gerochen hat, ich fast in ein Auto gelaufen wäre, mich zum Deppen gemacht habe, weil ich am Schaufenster wie ein kleines Kind geschrien hab‘: „Will ham!“, sitze ich wieder in meiner Rostkanne auf dem Weg zur Villa. Kimba neben mir gibt schon eigenartige Geräusche von sich, sie macht sich nämlich an Uschi zu schaffen.
Diesmal habe ich die Baumgartenstraße auf Anhieb gefunden. Erst jetzt bemerke ich, dass die Grundstücke, nein Monster- Anwesen der Nachbarn noch viel pompöser und prunkvoller sind als das des Toten. Wahnsinn. Aber statt ihr Geld in irgendwelche wirklich wichtigen Sachen zu stecke, investieren die in so was. Nun gut, es ist ja ihr Geld. Ich parke vor dem Haus der Familie Wilms. Da mein Auto mit Quietschen stehen bleibt, guckt sofort ein Gärtner, der sich gerade an einem anderen Anwesen zu schaffen macht. „Kimba, Süße, du bleibst hier. Mami kommt gleich wieder.“ Mein Hund guckt mich übertraurig durch das Fenster an, aber, was soll ich machen. Nein, Pauline, werde nicht weich. Nein. Aber wie soll das gehen, wenn der geliebte Hund jetzt schon mit jaulen anfängt? Irgendwie, das ist auch das Stichwort für die Klingel der Familie Wilms. Wie soll die denn gehen? Ich sehe eine Sprechanlage, eine Videoüberwachung und alles mögliche, nur keinen Klingelknopf. Ah, da! Ich habe gerade den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Der Klingelknopf ist nämlich genau vor mir. Einmal drauf gedrückt und sofort meldet sich eine sehr laute Stimme. „Wer ist da?“ „Kriminalpolizei.“ Antworte ich nur knapp. Geht doch, sofort öffnet sich das Tor. Sanft und leise. Wie es scheint, begrüßt mich auch gleich der Hausherr, denn er fragt ganz aufgeregt, ob etwas passiert sei. „Wie man es nimmt. Ihr Nachbar wurde letzte Nacht ermordet. Aber wer sind sie eigentlich?“ Der Herr mit dem ich gerad reden wollte, muss sich erst mal setzen und bekommt sofort Whisky von seiner Porzellan-Püppchen- Haushälterin eingeschenkt. „Ich? Wer ich bin? Will Wilms. Äh, mir gehört das alles hier. Aber, was sagten sie. Arthur ist…ist TOT?“ Er verschüttet gleich etwas Whisky und lässt sich noch tiefer in den Sessel sinken. „Ja, ihr Nachbar wurde äußerst brutal ermordet. Was ich sie fragen wollte, war Herr Koller beliebt in der Nachbarschaft?“ die Haushälterin verlässt jetzt den Raum, die Hand vor den Mund gehalten. Dass sein Nach bar so brutal ermordet wurde, scheint Will Wilms (was ist das bitte für ein Name? Klingt ja wie Künstler-Name eines Schlagersängers…) gar nicht zu stören. „Nein, ganz im Gegenteil. Er war außerordentlich unbeliebt. Wissen, sie, Frau…“ „Hantes, entschuldigen sie.“ Er braucht kurz, um wieder rein zu finden, aber es wird sehr interessant: „Wir in der Nachbarschaft sind alles, nun ja, ich will nicht sagen, das wir tolle Leute sind, aber eigentlich… wir hier in der Nachbarschaft sind alles sehr sozial engagierte Leute, wir haben Patenschaften für Tiere und Kinder in Not, spenden so oft wir können und versuchen so umweltfreundlich so möglich zu leben. Wir haben einen auch einen Verein gegründet, namens „Kolibri“. Wir sind auf den Namen gekommen, weil der Kolibri so klein und leicht ist, es scheint, als könnte er alles völlig mühelos. Und doch ist er bedroht, und genau an dieser Stelle wollten wir helfen. Und…“ Er erzählte und erzählte und erzählte noch Stunden, ich musste feststellen, dass die Leute echt in Ordnung waren und der Kerl mit seinem Namen einfach nur Pech hatte. „Er war sehr, sehr unbeliebt, das kann man sich gar nicht vorstellen. Wir alle waren so sozial, haben den Menschen geholfen, denen r das Leben zerstört wird. Wir haben ihn… gehasst!“ Bums. Das hat gesessen. Wir haben also ungefähr 50 neue Tatverdächtige. Ich forsche nach, denn ich muss so viel wie möglich erfahren, damit ich so viele wir möglich ausschließen kann.
---Fortsetzung folgt---
lg, Lulu